Alice Weidel, Kanzlerkandidatin der AfD, hat einen NS-Militärrichter als Großvater. Die verdrängte Familiengeschichte der AfD-Politikerin wird öffentlich.
Verl . Alice Weidel möchte Bundeskanzlerin werden. Die vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall eingestufte AfD hat sie am vergangenen Wochenende zur Kanzlerkandidatin gewählt. Die Verbundenheit von Weidel und dem Kreis Gütersloh ist vielen nicht bekannt.
Sie selbst ist aufgewachsen in Harsewinkel, aber eine entscheidende Personalie führt in die Stadt Verl: Ihr Großvater Hans, 1903 im schlesischen Leobschütz (heute Glubczyce) geboren, lebte hier 18 Jahre lang in einem Haus in der Straße Brinkheide. Laut Melderegister von August 1967 bis zu seinem Tod am 8. September 1985. Er war promovierter Jurist, Mitglied von NSDAP und SS und während des Krieges als Militärrichter bei der Kommandantur Warschau aktiv. Er spielte eine zentrale Rolle im Dritten Reich. Davon aber will Alice Weidel nichts gewusst haben, wie sie gegenüber Medienanfragen erklärte. Als Hans Weidel 1985 starb, war seine Enkelin Alice sechs Jahre alt. In der Familie sei der Lebenslauf ihres Großvaters nie Thema gewesen und sie selbst habe „aufgrund familiärer Dissonanzen“ keinen Kontakt zu ihrem Großvater gehabt, ließ Alice Weidel ihren Sprecher der Zeitung „Welt“ ausrichten, die die NS-Vergangenheit Hans Weidels in den Dokumenten des Bundesarchivs und des polnischen Staatsarchivs recherchiert hat. Mehr will Weidel zu dem Thema offenbar nicht sagen: Auch weitere Nachfragen dieser Zeitung ließ sie unbeantwortet. Lesen Sie auch: „Omas gegen Rechts“ gründen neue Gruppe in Gütersloh – das sind die Pläne Wikipedia-Eintrag von Hans Weidel ist plötzlich gefragt Nur einen Tag nach der Veröffentlichung in der „Welt“ wurde der Eintrag zu Hans Weidel im Online-Lexikon Wikipedia, der bis dahin so gut wie keine Beachtung gefunden hatte, dann aber innerhalb von zwei Tagen rund 2.800 mal aufgerufen worden war, mit der Begründung fehlender Relevanz zur Löschung vorgeschlagen. Inzwischen ist er bei Wikipedia nicht mehr zu finden. Und damit auch nicht die familiäre Verbindung zur AfD-Politikerin Alice Weidel. In den Archiven findet sich hingegen reichlich Material. Das Bundesarchiv verwahrt gut 450 Seiten über Weidels Großvater. Und auch in den Stadtarchiven Verl und Gütersloh liegt manch Aufschlussreiches zur Person Hans Weidel. Danach war er schon 1932, also im Jahr vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten, der NSDAP beigetreten. Im Januar 1933 wurde er zudem Mitglied der SS, zentrales Instrument der Judenverfolgung und unter anderem zuständig für die Organisation der Deportationen in die Vernichtungslager. Nach den Recherchen der „Welt am Sonntag“ gehörte Hans Weidel zehn verschiedenen nationalsozialistischen Organisationen an, natürlich auch dem NS-Rechtswahrerbund, dem Zusammenschluss nationalsozialistischer Juristen, dem er als Kreisgruppenführer diente. Luzia und Hans Weidel fliehen nach Ostwestfalen Heeresrichter bei der Kommandantur Warschau war er ab Juli 1941. Drei Jahre später wurde er zum Oberstabsrichter befördert. Laut „Welt“ befasste sich mit dieser Personalie das Führerhauptquartier, denn Adolf Hitler war auch oberster Gerichtsherr der Militärjustiz. Vor der herannahenden Roten Armee floh Hans Weidels Frau Luzia mit ihren beiden Kindern 1945 nach Ostwestfalen, wo Hans Weidel nach drei Monaten Kriegsgefangenschaft zu ihnen stieß. Völlig unbekannt war den Behörden in der jungen Bundesrepublik die Vergangenheit Hans Weidels nicht. Wegen seiner Rolle in der NS-Diktatur ermittelten sie gleich dreimal gegen ihn. 1948 wurde das Verfahren eingestellt, denn der Staatsanwaltschaft fehlten wichtige Informationen, um Weidels Version vom harmlosen Mitläufer widerlegen zu können. Auch die Ermittlungen des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen im Jahr 1977 und der Hamburger Kriminalpolizei 1979 verliefen ergebnislos – in der Bundesrepublik wurde schließlich kein einziger früherer NS-Militärrichter rechtskräftig verurteilt, obwohl sie laut den Forschungen von Historikern schätzungsweise 30.000 Todesurteile gegen Wehrmacht-Angehörige verhängten, von denen etwa 20.000 vollstreckt wurden. Weidel eröffnet eigene Kanzlei in Gütersloh In Gütersloh eröffnete Hans Weidel 1951 eine Anwalts- und Notarskanzlei und wohnte bis 1967 in der Schledebrückstraße. Fortan arbeitete er am Bild des honorigen Bürgers, der sich für die Rechte anderer starkmacht. Auch für die der Vertriebenen, zu denen er sich selbst zählte. 1953 wurde er zum Kreisvorsitzenden des Bundes der Vertriebenen im ehemaligen Kreis Wiedenbrück gewählt. Das Amt hatte er 30 Jahre später zu seinem 80. Geburtstag immer noch inne. Zwischen 1955 und 1982 stand er der Landsmannschaft der Schlesier in Gütersloh vor, von 1965 bis 1978 dem Kreisbeirat für Vertriebenen- und Flüchtlingsfragen. Zwischen 1961 und 1979 gehörte er dem Vertriebenenbeirat der Stadt Gütersloh an. Der Gütersloher Anwaltsverein machte seinen langjährigen Vorsitzenden zum Ehrenvorsitzende
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