Die erste documenta 1955 sollte auch eine Kunst rehabilitieren, die unter den Nationalsozialisten verfolgt wurde. Aber tat sie das wirklich? Ein Artikel von Julia Hubernagel
Lücken im Kanonisierungsprozess der ersten documenta? Blick in die Solinger Ausstellung „1929/1955“ Foto: Timon Wißfeld, Zentrum für verfolgte Künste Solingen
Dass die Gesinnung derer, die Kunst für ein großes Publikum kuratieren, entscheidend ist, macht aktuell eine Ausstellung in Solingen deutlich. Das Zentrum für verfolgte Künste vergleicht die erste documenta 1955 mit der Vierten Großen Kunstausstellung in Kassel 1929. Es fällt auf: Ein Großteil der Künstler:innen wurden auch nach der NS-Zeit vergessen.
Auch Joachim Ringelnatz war unter den Ausstellenden 1929. Während heute vor allem seine humoristischen Gedichte und Erzählungen bekannt sind, wurden seine Aquarelle in den zwanziger Jahren im In- und Ausland präsentiert. Von seinem wichtigsten Mitarbeiter, Werner Haftmann, kann man dies freilich nicht behaupten. Im letzten Jahr wurde nicht nur seine NSDAP-Mitgliedschaft enthüllt, es stellte sich überdies heraus, dass er im Zweiten Weltkrieg Partisanen folterte und Zivilist:innen ermordete. Haftmann, der mit „Malerei im 20. Jahrhundert“ ein Standardwerk zur Kunstgeschichte verfasste, galt als wortgewaltig, 1955 hielt er die Eröffnungsrede zur documenta 1.
Rehabilitation oder vielmehr Hohn? Haftmann schrieb später von der NS-Kulturpolitik als „Bildersturm“, der als solcher der Kunst und vor allem den Künstler:innen, die im Untergrund weiterarbeiteten, nichts anhaben konnte. In dem Kontext wirkt es fast höhnisch, dass weniger als die Hälfte der 1955 ausgestellten Künstler:innen von der Beschlagnahmungsaktion „Entartete Kunst“ 1937/38 betroffen waren.
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