Kassra Zargaran war jahrelang Mitglied der Berliner Hells Angels, mordete und saß im Gefängnis. Obwohl er im Zeugenschutzprogramm ist, gibt er in einem Buch umfangreich Auskunft.
Rückblick: 13 teils vermummte Männer – darunter Zargaran – marschieren am 10. Januar 2014 in ein Wettspielcafé im Berliner Stadtteil Reinickendorf. Der Mann an der Spitze feuert im Hinterzimmer mit einer Pistole ohne Vorwarnung auf das 26 Jahre alte Opfer. Getroffen von sechs Kugeln stirbt der Mensch noch im Café. Der Schütze und seine Begleiter fliehen. Die Polizei veröffentlicht später Aufnahmen der Tat, die mehrere Videokameras aufgezeichnet haben.
Der Anschlag soll die Rache für eine Schlägerei vor einer Diskothek 2013 mit einem verletzten Hells-Angels-Rocker gewesen sein. Zudem hätten die Rocker ihre Machtposition verdeutlichen wollen, hieß es später von der Berliner Staatsanwaltschaft. Der Prozess gegen zehn Angeklagte dauerte knapp fünf Jahre, mehr als 370 Zeugen und Sachverständige wurden gehört, darunter Zargaran als Kronzeuge.
In seinem Buch schildert der Ex-Rocker auf rund 270 Seiten seine Jugend in Norderstedt bei Hamburg als Sohn eines aus dem Iran stammenden Optikers und einer Erzieherin mit chilenischen Wurzeln, sein Abdriften in die kriminelle Szene und seine Faszination für das Leben mit den Hells Angels samt Gewalt und Verbrechen. Ein System, das er heute als „maximal menschenverachtend“ bezeichnet, ihn damals aber nach Berlin umziehen ließ.
In der Untersuchungshaft entfremdet er sich nach eigenen Angaben weiter. Sein neuer Verteidiger Steffen Tzschoppe rät ihm zur Kronzeugenregelung. „Es war ein Wechsel von einem ins andere Extrem. Denn allumfassend auszusagen hieß gleichzeitig auch: mein altes Leben zu beenden.“ Und weiter: „Ich wollte nicht für eine „Gemeinschaft“ sitzen, die mordete.“
Er habe nicht nur seine Haut retten wollen, sagt der Kronzeuge heute. „Man macht so einen Schritt nicht, weil man zwei, drei Jahre Haft weniger haben möchte. Das ist eine Entwicklung.“ Er habe sich als Person völlig gewandelt. „Ich habe damals etwas ganz anders vertreten als heute. Das ist ein Prozess, der im besten Fall nachhaltig ist.“
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