Bayern führt ein neues Gesetz ein, das die Sprachkompetenz aller Erstklässler sicherstellen soll. Durch flächendeckende Tests sollen Kinder mit unzureichenden Deutschkenntnissen identifiziert und gefördert werden. Das Gesetz stieß jedoch auf Kritik wegen der kurzen Vorbereitungszeit und der Belastung von Lehrpersonal.
In Bayern wird ein neues Gesetz in Kraft treten, das sicherstellen soll, dass jeder Erstklässler ausreichend Deutsch spricht. Dies wird durch flächendeckende Tests erreicht. Viele Eltern erhalten in den kommenden Wochen Post. München (dpa/lby) - Um zu gewährleisten, dass kein Kind mit unzureichenden Deutschkenntnissen eingeschult wird, werden heuer zum ersten Mal alle angehende Vorschulkinder in Bayern auf ihre sprachlichen Fähigkeiten getestet.
Nur Kinder, bei denen die Kindertagesstätte Zweifel oder Defizite bemerkt, sowie diejenigen, die gar nicht in einer Kita sind, müssen sich dem Test in den Grundschulen unterziehen. Erzieherinnen und Erzieher in den Kitas hatten bis Ende Januar Zeit, ihre Einschätzung abzugeben, und bis Ende Februar werden nun die Termine für den Test vergeben. Das Gesetz „zur Einführung und Durchsetzung verbindlicher Sprachstandserhebungen und Sprachfördermaßnahmen vor der Einschulung“ soll verhindern, dass Kinder mit unzureichenden Deutschkenntnissen die Schule besuchen und von Anfang an eine schwierigere Ausgangsbasis haben. Schon bisher mussten alle staatlich geförderten Kindertagesstätten im vorletzten Kindergartenjahr den Sprachstand der Kleinen erheben und bei Bedarf eine Fördermaßnahme wie den „Vorkurs Deutsch 240“ empfehlen. Neu ist jetzt, dass die Grundschulen anderthalb Jahre vor der Einschulung zusätzlich eine eigene Sprachstandserhebung durchführen müssen. Die Teilnahme am „Sprachscreening“ ist verpflichtend und gilt für alle Kinder, auch für jene, die nicht in einer Kita sind. Nein, Kinder, die von ihrer Kita bescheinigt bekommen, dass sie keinen erhöhten Sprachförderbedarf haben, müssen nicht zum Screening in die Grundschule kommen. Entsprechende Bescheinigungen mussten die Kitas den Eltern bis Ende Januar aushändigen. Auch Kinder, die eine schulvorbereitende Einrichtung oder eine heilpädagogische Tagesstätte besuchen, sind mit entsprechender Bestätigung von dem Test ausgenommen. Alle anderen erhalten spätestens bis Ende Februar einen Termin für den Test im März oder April. In der jeweiligen Sprengel-Grundschule, in der das Kind im Normalfall später auch eingeschult wird, führt eine qualifizierte Beratungslehrkraft oder eine Schulpsychologin oder ein Schulpsychologe in Anwesenheit der Eltern einen wissenschaftsbasierten, kind- und altersgerechten Test durch. Alles in allem dauert der Termin etwa eine halbe Stunde. Die Eltern erhalten das Ergebnis des Tests innerhalb einer Woche. Hat das Kind einen Sprachförderbedarf, wird es zum Besuch einer Kita mit integriertem Vorkurs verpflichtet. Das heißt: Die Eltern müssen einen geeigneten Platz suchen und annehmen. Der „Vorkurs Deutsch 240“ wird von den Kitas in Zusammenarbeit mit den Grundschulen durchgeführt und beinhaltet in Summe 240 Stunden Deutschunterricht. Wenn ein Kind - etwa durch Zuzug aus dem Ausland - keinen Kurs gemacht hat und bei der Schulanmeldung zu große Lücken hat, wird es für den Kurs um ein Jahr vom Schulbesuch zurückgestellt. Laut Kultusministerium werden zum Schuljahr 2026/2027 voraussichtlich rund 128.000 Kinder schulpflichtig. Zum Test in den Grundschulen werden bayernweit etwa 40.000 Kinder erwartet. Dem Familienministerium zufolge verbringen schon jetzt 99 Prozent der Kinder eines Jahrgangs das letzte Jahr vor der Einschulung in einer Kita. Dass Sprache der Schlüssel für schulischen Erfolg ist, ist unumstritten. Das Gesetz wurde jedoch erst Mitte Dezember verabschiedet. Obgleich die Vorbereitungen bereits im Vorfeld begannen, gab es viel Kritik, dass für Kitas wie Schulen nicht genug Zeit bleibe, um schon in diesem Jahr lückenlos den Sprachstand zu erheben. Und dass dadurch Zeit für die eigentliche Arbeit des Personals in Kitas und Schulen verloren gehe. So bemängelt etwa die Münchner Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD): 'Wäre es nicht bei Weitem sinnvoller, für eine konsequent verlässliche Ausstattung bei den Sprachkursen zu sorgen?' Ein weiterer Kritikpunkt: In den Schulen sollen die beteiligten Beratungslehrkräfte und je nach regionalem Bedarf auch Schulpsychologinnen und -psychologen für die Tests zwar Anrechnungsstunden erhalten. Im Idealfall wird deshalb weder Unterricht ausfallen noch Kapazitäten für Beratung oder gezielte Förderung verloren gehen. 'Das wird aber in der Realität kaum funktionieren', betont Florian Kohl von der Erziehungsgewerkschaft GEW. Schließlich müssten dafür im laufenden Schulbetrieb Stundenpläne geändert werden. Das Kultusministerium sieht sich dennoch im Zeitplan und versichert, die Sprachstandserhebungen könnten wie geplant umgesetzt werden
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