Flüchtlinge zweiter Klasse in Polen: Tod oder Klaviermusik

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Polen bekommt für die Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge viel Lob. Doch Menschen aus anderen Ländern müssen die Grenze fürchten. Zara will trotzdem helfen.

Technologie der Abweisung: Seit 2022 steht der hochgerüstete Zaun an der polnisch-belarussischen Grenze Foto: Maciek Luczniewski/picture allianceMarita Fischer 17.3.2023, 12:05 Uhr

In der Winternacht im Februar steht die Gruppe vor dem letzten physischen Hindernis, das sie von der Europäischen Union trennt: dem meterhohen Grenzzaun aus Stacheldraht. Zara und ihre Mit­strei­te­r:in­nen möchten die Schutzsuchenden in ihrem Kampf gegen das EU-Grenzregime unterstützen. Deswegen ziehen sie in der kalten Februarnacht mit vollgepackten Wanderrucksäcken durch den polnischen Urwald Białowieża, um die Hilfsgüter abzuliefern.

Die Ablehnung der EU, Grenzzäune zu finanzieren, scheint nun auch zu schwinden. Nach einem Sondergipfel zum Thema Flucht und Migration am 10. Februar 2023 in Brüssel präsentierte von der Leyen einen neuen Plan gegen „illegale Migration“. Es ist von mehr Abschottung und besserem Grenzschutz, statt von mehr Achtung für Menschenrechte und Solidarität die Rede.

Die EU ließ sich erpressen und antwortete auf die von Lukaschenkos verübte Misshandlung ihrerseits mit Misshandlung der instrumentalisierten Schutzsuchenden. Gewalt und „Pushbacks“ erwarteten die flüchtenden Menschen vonseiten des Grenzschutzes. Zara Grabowski, derzeit Vollzeitaktivistin„Es gab Menschen, die sich extra ein Schild mit der Aufschrift „Ich möchte Asyl“ auf Polnisch um den Hald gehängt hatten. Trotzdem wurden sie einfach abgeschoben“

Zara seufzt und bezahlt ihre Mahlzeit. Wir treten nach draußen auf die matschige Straße. Wochenlang lag im Grenzgebiet Schnee. Nun ist Tauwetter. Wir laufen durch die Straßen von Michałowo und Zara fährt fort: „Die bösen Absichten der polnischen Beamt:innen, die den politischen Willen der EU ausführen, werden durch die systematischen Pushbacks klar und deutlich.“

Zara ist fassungslos und wütend. Die Studentin hat vor ungefähr einem Jahr ihr Studium unterbrochen und verbringt seitdem fast jeden Tag an der polnisch-belarussischen Grenze. Sie ist Vollzeitaktivistin, weil sie den Zustand an der Grenze unerträglich findet. Weil sie nicht tatenlos mitansehen kann, wie Menschen von Be­am­t:in­nen ihres Landes verprügelt und gequält werden. Weil sie die Abschottung Europas nicht widerstandslos hinnehmen will.

Auch in anderen EU-Staaten werden Hel­fe­r:in­nen und Aktivist:innen, die sich für die Rechte von Schutzsuchenden einsetzten, kriminalisiert und schikaniert. In Griechenland werden humanitäre Hel­fe­r:in­nen und Ak­ti­vis­ti:­in­nen mitunter wegen Menschenschmuggels angeklagt. Auch Zara und ihre Mit­strei­te­r:in­nen wurden in der Nacht, in der sie die Hilfsgüter abliefern wollten, von den Grenz­be­am­t:in­nen aufgehalten. „Sie kamen vermummt, schwer bewaffnet, mit drei Geländefahrzeugen aus mehreren Richtungen“, berichtet Zara. Man hört kaum Angst in ihrer Stimme. Sie spricht klar und besonnen von den Ereignissen dieser Nacht. Nur selten kocht Wut in ihr hoch.

Auf die Entschlossenheit der jungen Ak­ti­vis­t:in­nen reagierten die Grenz­schüt­ze­r:in­nen im Wald mit erhöhter Aggression und mit Einschüchterungsversuchen. Durchgefroren, müde und erschöpft verließen die Ak­ti­vis­t:in­nen nach insgesamt über acht Stunden den polnischen Grenzwald. Anonyme Bestattungen Hunderte weitere Traueranzeigen flatterten an diesem Morgen an schwarzen Brettern und öffentlichen Informationstafeln in grenznahen Dörfern und Städten. Auf den Plakaten sind die Namen und, wenn bekannt, die Todesursache und einige weitere persönliche Informationen von Menschen zu lesen, die seit 2021 ihr Leben auf der Flucht durch Polen verloren haben.

Rassistische Motive „Wir wollen die lokale Bevölkerung wachrütteln. Sie sollen mitbekommen, was in ihrer Umgebung passiert. Vielleicht tun sie dann etwas gegen dieses Unrecht vor ihrer Haustür“, erklärt eine Bewohnerin, die an der nächtlichen Protestaktion im Februar beteiligt war. In der Woche zuvor wurden vier Leichen von Schutzsuchenden gefunden.

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