Katja Wolf: Für die Linke ist sie eine Verräterin, Eisenach von ihr enttäuscht, sie hat Freunde verloren. Alles, um für das Wagenknecht-Bündnis in Thüringen gegen Höcke anzutreten.
Für die Linke ist sie eine Verräterin, ihre Stadt von ihr enttäuscht, sie hat Freunde verloren. Alles, um für das BSW in Thüringen gegen Höcke anzutreten. Warum macht Katja Wolf das?erstmal noch um die „Süße Ecke“ kümmern. Die „Süße Ecke“ ist eine Konditorei aus dem 19. Jahrhundert am Fuße der Wartburg, in der sich heute ein italienisches Restaurant befindet. Damit fängt es schon an.
„Du bist die Bürgermeisterin? Entschuldigung!“ Der Wirt schlägt sich mit der Hand vor den Kopf. Wolf lächelt. Es ist der letzte Tag im Mai, in genau einem Monat wird sie ihr Amt abgeben, aber das sagt sie dem Wirt nicht. Es ist so schon alles kompliziert genug.statt, ein Tag, der Deutschland verändern könnte. Die AfD mit Björn Höcke als Spitzenkandidat liegt in den Umfragen weit vorn.
Der Jubel beim BSW war groß, Katja Wolf in allen Nachrichten. Von der „wichtigsten personalpolitischen Entscheidung“ der neuen Partei war die Rede, von „ihrem ersten prominenten Gesicht in Thüringen“. Die Linke aber tobte. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow sagt, die Umstände gehörten „zu den traurigsten Ereignissen“ seines Lebens. 25 Jahre seien sie gemeinsam unterwegs gewesen, er kenne ihre Eltern und Großeltern.
Ihr Vater versuchte zur gleichen Zeit, seine LPG zu retten, „bis zum Herzinfarkt“. Ihre Mutter gründete einen Verein, damit in Erfurt weiter Jugendweihen stattfinden konnten. Überall in Thüringen wurden Kombinate dichtgemacht, Tausende Menschen entlassen, in Eisenach das Wartburg-Werk abgewickelt. „Ein Riesentrauma, das bis heute nachwirkt“, sagt Wolf. Den Antrag, in die PDS einzutreten, stellte sie, als der Irakkrieg begann. Da war sie noch nicht mal 16.
Ihre Kinder waren klein, ihre Ehe war kaputt. Sie arbeitete zu viel und schlief zu wenig, nahm zehn Kilo ab. Die Stadt habe damals am Boden gelegen, sagt sie, sei hoch verschuldet gewesen. Als die Flüchtlingswelle kam, „rollten Busse im Wochentakt vor, und wir wussten nicht, wer drinsitzt“, sagt Wolf. Ihr Ziel war, alle in Wohnungen unterzubringen, Integration durch Kita- und Schulplätze und Sprachkurse zu fördern.
Es sind Bilder von großer Symbolik. Wolf hat es damit in den Spiegel geschafft. „Die Handschlag-Krise von Eisenach“, schrieb das Magazin. Mit den Konsequenzen aber muss sie allein fertigwerden. Vor einem Jahr wurde ihr nachts zweimal gegen das Küchenfenster geschossen, ihr wurden die Radmuttern vom Auto lockergeschraubt und der Anlasser entfernt.
„Die gutverdienende Oberbürgermeisterin“ hätte dem Theater wenigstens die Miete für die Feier zahlen müssen, schreibt die Thüringer Landeszeitung. Wolf entgegnet, der Intendant des Theaters habe ihr angeboten, in seinem Haus ihren Abschied zu feiern, es sei keine private Feier gewesen, sondern ein Empfang, zu dem ihre Stellvertreter eingeladen hätten, um sich auch bei Ehrenamtlichen und Vereinen zu bedanken.
Am Büfett trinkt Katja Wolf Wasser, die Häppchen rührt sie nicht an. Sie isst schon wieder zu wenig. Keine Zeit, keinen Hunger, wie damals, als sie in Eisenach ihr Amt antrat. Dann geht sie in die Tiefgarage, setzt sich ins Auto und fährt nach Erfurt, zu ihrer neuen Wohnung, ihrer neuen Partei. Draußen gleiten die sattgrünen Thüringer Wälder vorbei. Ihr Freund ruft an, ein Musiker aus Bayern. Er sagt, er warte in einer Pizzeria auf sie.
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