Nach dem tödlichen Messerangriff auf eine Kindergartengruppe in Aschaffenburg beginnen die politischen Schuldzuweisungen. Es geht um die Frage, warum der aus Afghanistan stammende Täter noch in Deutschland war. Der Vorfall wirft auch Fragen zum Wahlkampf und zur Migrationspolitik auf.
Am Tag nach der Messerattacke auf eine Kind ergartengruppe in Aschaffenburg beginnen die politischen Schuldzuweisungen. Unter anderem geht es um die Frage, warum der wegen Gewalttaten bekannte, psychisch auffällige Mann aus Afghanistan nicht ausgereist war. Was war geschehen? Ein zweijähriger Junge und ein 41 Jahre alter Mann starben, als der Angreifer in einem Park unvermittelt zustach. Drei weitere Menschen, darunter ein zweijähriges Mädchen, kamen schwer verletzt in ein Krankenhaus.
Politiker in Bayern und Berlin fordern nun Konsequenzen - auch im Migrationsrecht. Was bedeutet der Messerangriff für den Wahlkampf? Die Tat - einen Monat vor der Bundestagswahl - wirft politische Fragen auf. Zu vermuten ist, dass sie vor allem Parteien hilft, die im Wahlkampf eine Reduzierung der Migration und mehr Abschiebungen versprechen. Zumal viele Wähler noch unter dem Eindruck der Todesfahrt von Magdeburg stehen, wo ein Mann aus Saudi-Arabien erst Drohungen veröffentlicht und dann mit einem Auto auf einem Weihnachtsmarkt sechs Menschen getötet und knapp 300 Menschen verletzt hatte. Dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) noch am Abend die Chefs des Verfassungsschutzes, des Bundeskriminalamts und der Bundespolizei ins Kanzleramt beorderte, ist in jedem Fall ungewöhnlich. «Ich bin es leid, wenn sich alle paar Wochen solche Gewalttaten bei uns zutragen», sagt er. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) betont, aus seiner Sicht gebe es in diesem Fall weder ein Versagen des Landes noch einzelner Behörden vor Ort. Er sieht die Verantwortung bei der Bundesregierung und bezeichnet die Tat als Folge einer «falschen Migrationspolitik». Was will die Union ändern? Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) kündigt für den Fall seiner Wahl zum Kanzler an, am ersten Tag im Amt das Bundesinnenministerium anzuweisen, alle deutschen Grenzen dauerhaft zu kontrollieren und alle Versuche der unerlaubten Einreise zurückzuweisen. Das gelte ausdrücklich auch für Menschen mit Schutzanspruch. Die Bundespolizei, die regelmäßig Ausreisepflichtige an den Grenzen und in Bahnhöfen und Flughäfen aufgreife, müsse das Recht zum Beantragen von Haftbefehlen erhalten. Wenn Ausreisepflichtige aufgegriffen werden, dürften sie nicht mehr auf freien Fuß kommen, sondern müssten in Ausreisegewahrsam oder Ausreisehaft genommen und so schnell wie möglich abgeschoben werden. Im Schengen-Raum sind Binnengrenzkontrollen eigentlich nicht vorgesehen. Sie können aber zeitlich begrenzt angeordnet werden. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat dies für alle deutschen Landesgrenzen im vergangenen Jahr bereits getan und auch schon angekündigt, die Kontrollen verlängern zu wollen. Welche Änderungen sind noch im Gespräch? Die nächste Bundesregierung wird – unabhängig von der sich neu bildenden Koalition – Probleme angehen müssen, die seit Jahren ungelöst sind: Weshalb scheitern Dublin-Überstellungen auch in Staaten wie Bulgarien, die sich bei der Übernahme kooperativ zeigen? Wie kann sichergestellt werden, dass der Datenaustausch und die behördlichen Maßnahmen funktionieren, wenn es um Menschen geht, die mit Drohungen und Gewalttaten auffallen, aber nicht als Extremisten beobachtet werden? Ist die föderale Arbeitsteilung zwischen dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf), den Behörden der Länder und den Ausländerbehörden vor Ort noch zeitgemäß, wenn es um die Bearbeitung von schwierigen oder eiligen Fällen geht? Andreas Roßkopf, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) für die Bundespolizei, sagt, der Fall habe Behördenversagen und fehlende Möglichkeiten offenbart. Aus seiner Sicht «arbeiten zu viele Behörden nebeneinander und nicht miteinander». Was ist über Tat und Täter bekannt? Als mutmaßlichen Angreifer hat die Polizei wenige Minuten nach der Tat einen 28 Jahre alten Afghanen festgenommen. Nach ersten Erkenntnissen soll er die Kindergartengruppe gezielt und unvermittelt mit einem Küchenmesser angegriffen haben. Ein 41 Jahre alter Passant soll eingeschritten und vom Täter verletzt worden sein. Der Mann erlag seinen Verletzungen. Drei Menschen wurden außerdem schwer verletzt: ein zweijähriges Mädchen aus Syrien, ein 72-jähriger Mann sowie eine 59 Jahre alte Erzieherin. Worauf konzentrieren sich die Ermittler jetzt? «Es ist alles noch im Fluss», sagt ein Polizeisprecher am Morgen. Man trage nun alle Informationen zusammen, sowohl zum Zustand der drei Schwerverletzten als auch zum Leben des mutmaßlichen Täters. Der 28-Jährige wohnte zuletzt in einer Asylunterkunft in der Region. Zudem muss der Tatablauf rekonstruiert werden - mit Hilfe gesicherter Spuren vom Tatort, Zeugen sowie Bild- und Videomaterial, das Unbeteiligte womöglich gemacht haben. Warum war der Täter noch in Deutschland? Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) teilt mit, ein sogenanntes Dublin-Verfahren sei bei dem 28Jährigen nicht rechtzeitig abgeschlossen worden
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