Wembley statt Castrop: Wie seine Lieblingsmannschaft die Feierpläne unseres Kolumnisten auf den Kopf stellte.
Hätte ich auch nicht gedacht, dass ich mir am 1. Juni mehr Gedanken machen müsste als über einen nahe gelegenen Bierstand. An diesem Tag ist Stadtfest in meiner Heimat Castrop-Rauxel, und außer einer zu langen Schlange vor dem Toilettenwagen hätte es keine weiteren Erregungszustände gegeben.
Stattdessen steht mein Verein Borussia Dortmund im Champions-League-Finale, und gegen 22 Uhr sind statt aperolspritziger Lässigkeit nun Nägelkauen und Torschusspanik angesagt. Vermutlich werde ich nicht mal auf dem Stadtfest zugegen sein, auch wenn die Veranstalter die etatmäßige Top-40-Band zur Trinkbegleitung gebucht haben. Was aber fehlen dürfte, ist eine gewaltige Leinwand, die den Auftritt des heimischen Finalteilnehmers überträgt.
Ich war im Stadion, damals am 27. Mai, als Borussia daheim die Meisterschaft vergeigte und viele glaubten: Von diesem Knacks werden sie sich so bald nicht erholen. Im Windschatten der eigenen Bedeutungslosigkeit allerdings stahlen sie sich in der Champions League allen davon und spielen nun in Auch dort war ich damals. England war Teil der EU, die Royals galten als eine große Familie ohne nennenswerte Probleme, und der allseits anerkannte Tennis-Experte Boris Becker wohnte um die Ecke. Vermutlich beschwerte er sich über den Krach in der Nachbarschaft. Über diese teutonische Kakofonie in Rot und Gelb.
Mit einer Handvoll Freunde marodierte ich an einem wunderschönen Tag durch London. Pubs, Pints, Scotch Eggs und Gesänge. Friedliche Fans, die im heavy german accent mit den locals scherzten und später zum Stadion aufbrachen. Damals waren der FC Bayern und der BVB auf der Höhe ihrer Rivalität. Auf der großen europäischen Bühne sollte die Wachablösung erfolgen.
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