Stagnierende Wirtschaft, lähmende Bürokratie, wachsende Staatsgläubigkeit: Deutschland braucht nicht weniger Liberalismus, sondern einen anderen. Hat FDP-Chef Lindner am Ende recht?
Das Ambiente ist feierlich, die Gäste tragen Smokings und Abendkleider, Kerzen flackern auf festlich gedeckten Tischen. Und auch Christian Lindner ist fast nicht anzusehen, dass er womöglich die zwei schlimmsten Wochen seiner politischen Karriere hinter sich hat, als er am Dienstagabend beim Galadinner im Axel-Springer-Hochhaus die Eröffnungsrede für ausgezeichnete Jungunternehmen hält.Aktuelle Nachrichten, Hintergründe und Analysen direkt auf Ihr Smartphone.
Milei und Musk statt Mietbremse und Mütterrente? Zwei Reizfiguren als Vorbilder für die bürgerliche FDP? Den bürokratiegeplagten Jungunternehmern gefällt’s, sie klatschen kräftig. „Das waren jetzt die Rechtslibertären, die applaudiert haben“, scherzt Lindner.An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert.
Denn so sehr der Wunsch nach tiefgreifenden wirtschaftlichen Reformen in Deutschland wächst, so schädlich wäre ein Schleifen demokratischer Institutionen, wie zumindest Musk und Trump es vorschwebt, oder ein permanenter gesellschaftlicher Grabenkampf, wie der argentinische Präsident ihn führt.
Unter dem Druck wirft der FDP-Vorsitzende Milei und Musk in die Diskussion. Es war, nach allem, was man hört, ein spontaner Versuch, die Diskussion um Reformen etwas zuzuspitzen, ein Befreiungsschlag. Springt jemand darauf an? Die Idee ist ja nicht, dass ich mir wilde Haare wachsen lasse und mit einer Kettensäge demnächst durch Berlin-Mitte laufe.Mittlerweile ist die Geschlossenheit wiederhergestellt. Und mit dem Verweis auf die Libertären ist es Lindner gelungen, die Aufmerksamkeit weg von den innerparteilichen Querelen zu lenken hin zur inhaltlichen Positionierung der FDP. Als er am Montag mit seinem designierten Generalsekretär im Hans-Dietrich-Genscher-Haus auftritt, legt er nach.
Und der frühere Euro-Rebell und libertäre Vordenker Frank Schäffler war wohl selten so zufrieden mit Lindner wie derzeit. „Milei ist eine Inspiration und gleichzeitig eine Antwort auf den Staatssozialismus, den wir in vielen Teilen der Welt erleben“, sagt Schäffler. Das Experiment sei dort noch nicht abgeschlossen, aber Milei könne bereits Erfolge vorweisen, was Inflation, Investitionen und Reduzierung des Staatsdefizits betreffe.
Ob das Erfolg haben wird? Manfred Güllner, Chef des Meinungsforschungsinstituts Forsa, ist skeptisch. Er hält die Verweise auf Milei und Musk für „viel zu hoch gegriffen“. Die Kernklientel der FDP sei der Mittelstand, Handwerker, freie Berufe. Die könnten mit Rechtslibertären wenig anfangen. „Das ist zu bombastisch“, meint Güllner.Hochgegriffen ist der Vergleich mit Milei und Musk auch, weil die FDP selbst bei einem guten Ergebnis eine Kleinpartei bleiben wird.
„Wir werden uns auf allgemeine Aussagen beschränken, die wir dann in Koalitionsgesprächen konkretisieren“, heißt es in der Partei. Nur nicht den Fehler machen wie das letzte Mal, als die CDU in der Opposition eine radikale Reformagenda vorlegte. Das war 2004/2005, die Union träumte von der absoluten Mehrheit.. Doch erst verlor er den Fraktionsvorsitz an Angela Merkel. Dann verspielte die Union im Wahlkampf ihren Vorsprung auf die SPD.
Das schlägt den Bogen zurück zu Milei. Es ist kein Zufall, dass die Conservative Political Action Conference in dieser Woche in Buenos Aires tagt – und Milei als Stargast auftritt. „Wir stehen dem Konzept des Dialogs skeptisch gegenüber, denn wir sind nicht daran interessiert, die politischen Deals fortzusetzen“, ruft Milei in seiner Rede. „Wir sind gekommen, um mit dem Konsens zu brechen.
Die intellektuelle Basis für einen solchen Ansatz kann jedoch nicht der Libertarismus, schon gar nicht in der radikalen Form Mileis oder der autoritären Form Trumps beziehungsweise Musks sein. Was Deutschland braucht, ist einen anderen Liberalismus. „Trumps Sieg hat das Bewusstsein dafür geschärft, dass wir eine neue Form des Liberalismus brauchen“, sagt Ökonomie-Nobelpreisträger Daron Acemoglu.
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