Die deutsche Autorin Jenny Erpenbeck hat den International Booker Prize gewonnen. Ihren Roman „Kairos“ hat die taz 2021 rezensiert.
Roman „Kairos“ von Jenny Erpenbeck: Nachhaltige Blindheit
Auch die Liebenden in Jenny Erpenbecks neuem Roman „Kairos“ sind mit dieser Blindheit geschlagen, einer überaus nachhaltigen Blindheit, die sehr viel länger anhält als bei gewöhnlichen Liebesbeziehungen und nicht nur den Liebesgegenstand selbst betrifft, sondern auch die die Liebenden umgebende Welt, in der gewaltige politische Umwälzungen geschehen, während Katharina und Hans beschäftigt sind mit ihrer Liebe.
Im steten, bisweilen kurzfristigen Wechsel der beiden Perspektiven erzählt Erpenbeck vom heiligen Ernst der Liebe. Katharina ist „so jung wie er in seiner besten Zeit“ und besitzt „ein Gesicht aus Biskuitporzellan“. Hans hat die Biermann-Resolution nur „beinahe unterschrieben“, pfeift aber unwillkürlich die „Ballade vom preußischen Ikarus“ des ausgebürgerten Liedermachers, sobald er einen eisernen Adler sieht.
Keine sympathischen Protagonisten Wirklich sympathisch sind die beiden Protagonist*innen nicht. Sie nicht in ihrer backfischartigen Hingebung, er nicht in seiner selbstherrlichen Männlichkeit, die schon nach wenigen Tagen darüber nachdenkt, wie er den Kummer bekämpfen soll, falls sie ihn verlässt: „Sich eine andere ins Bett holen, so schnell wie möglich.
Er züchtigt sie, missbraucht sie körperlich und emotional, richtet sie ab wie ein Hündchen, bis sie „weiß, was er will, dass sie wollen soll“. Er macht sie systematisch klein, und sie hält sich fortan für ein „Ungeheuer“. Bis sie tatsächlich glaubt: „Hans ist sie und sie ist Hans.“ Trotzdem, das ist ziemlich offensichtlich, will Erpenbeck die Liebesgeschichte nicht bloß als Parabel auf den Aufstieg und Niedergang eines kleinen Landes hinter dem Eisernen Vorhang verstanden wissen.
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