Die Syrerin Nimat muss eine Zwangsehe eingehen. In Deutschland wird sie Erfahrungen von Vergewaltigungen nicht los, setzt die Scheidung durch.
Souad Abbas 31.1.2022, 11:51 Uhr
Das Chaos möge ich bitte entschuldigen. Sie habe keine Lust, sich ein Bücherregal zu kaufen, denn die meisten ihrer Sachen verwahre sie in nur zwei Taschen auf dem Schrank, um sie jederzeit dahin mitnehmen zu können, wo sie einen Job oder ein besseres Leben findet. Es sei denn, dass Alltag, Rechnungen und Steuermahnungen sie eines Tages so vereinnahmen, dass sie keine Zeit mehr zum Träumen habe.
Nimat verstand ihren Körper nicht mehr Zehn Jahre später fragte Nimat ihre Mutter einmal während eines Telefongesprächs, ob sie eigentlich beschnitten sei. „Natürlich nicht! Was ist los mit dir?“, wunderte sich die Mutter. Tatsächlich wird Genitalverstümmelung in Syrien nicht praktiziert. Niemand störte sich an den Geräuschen, die durch die dünnen Türen drangen, denn zum einen taten diese Menschen eine religiöse Pflicht, und zum anderen waren Essen, Toilettengang und Geschlechtsverkehr das Einzige, was sie dem Tod entgegenzusetzen hatten. Nimat verstand nur nicht, was an Sex so unaufschiebbar war.
Nimats sexuelle Frustration wurde zu einem psychosomatischen Leiden. Ihre deutsche Ärztin meinte, so etwas kenne sie gut von Frauen aus dem Nahen Osten, und verschrieb ihr ein Aphrodisiakum. Nimat kommt beim Gespräch über Zoom immer näher an ihren Monitor und schreit fast: „Ich habe kein Problem mit meiner Libido! Ich brauche keine Sexpillen! Der Fluch, der auf mir lastet, ist meine Weiblichkeit. Diese Ärztin fragte mich nicht einmal, worunter ich leide.
Nimat erzählt: „Anders als ich immer geträumt hatte, wollte ich nicht als Erstes zu einem Besuch nach Syrien reisen, als ich meinen deutschen Pass bekam. Nicht nur aus Angst vor allem, was mir dort passieren könnte, sondern auch, um die Bilder meiner Kindheit und Jugend zu schützen, die ich von Syrien noch im Gedächtnis habe. Außerdem ist meine Kommunikation selbst mit meinen besten Freunden dort mühevoll geworden.
Nimat bezog zum ersten Mal in ihrem Leben eine eigene Wohnung, in einem kleinen Dorf bei Weimar, und setzte ihr Bauingenieursstudium fort. Schon vor Beginn der Coronapandemie gab es dort nicht viele Möglichkeiten, jemanden kennenzulernen, und Glück hatte sie in ihrem kleinen Bekanntenkreis nur mit Männern, die aufgrund unglücklicher Erfahrungen ein gestörtes Verhältnis zu ihrem Körper hatten.
Den Hidschab abzulegen, erfordert Mut, besonders für eine geschiedene Frau. Wäre Nimat noch in ihrem kleinen Heimatort in Syrien gewesen, dann hätte sie diesen Schritt nie gewagt – auch überhaupt nur daran gedacht. Sich scheiden zu lassen, gilt als unehrenhaft und ist schambesetzt. Ein Teil von Nimats Familie weiß deshalb bis heute nichts von der Trennung, würde möglicherweise den Kontakt zu ihr abbrechen.
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