Ratten werden oft als Schädlinge betrachtet, doch viele Forscher sind beeindruckt von ihren Fähigkeiten. Dieser Text erörtert die Ansprüche, die an Ratten als Versuchstier gestellt werden und die ethischen Fragen, die mit ihrer Nutzung im Kontext des Tierleidens verbunden sind..
Ratten werden oft mit Verachtung oder Ekel betrachtet. Doch viele Forscher sind beeindruckt von den Fähigkeiten der kleinen Nager. Sind die Tiere besser als ihr Ruf? Viele Menschen finden sie abstoßend, haben Angst vor ihnen oder vor Krankheiten, die sie übertragen könnten: Ratten stehen auf der Beliebtheitsskala des Tierreichs eher auf den hinteren Plätzen.
Viele Forscherinnen und Forscher sind jedoch beeindruckt von den zahlreichen Fähigkeiten der Nager – und mahnen, ihre Bedürfnisse bei Tierversuchen stärker zu berücksichtigen. Zunächst ein paar grundsätzliche Fakten: Stammform der als Haus- oder Labortiere gehaltenen Ratten ist die Wanderratte (Rattus norvegicus). Das Umweltbundesamt (UBA) bezeichnet die Tiere als Kulturfolger des Menschen, die sich weltweit verbreitet haben. Die Art sei kaum noch in naturbelassenen Räumen zu finden – selbst wenn der Mensch welche übrig gelassen habe. Stattdessen halten sie sich demnach hauptsächlich in der Nähe menschlicher Siedlungen auf – etwa in der Kanalisation, Tierställen, Kellern, Parkanlagen, Schlachthöfen, auf Müllkippen, in Getreidespeichern, aber auch in Büro- und Wohngebäuden. Dabei leben sie in Rudeln, denn Ratten sind sehr soziale Tiere. Ihre Lebensdauer ist überschaubar: „In der Regel wird eine wildlebende Wanderratte nicht älter als ein Jahr, unter sehr günstigen Bedingungen oder in Gefangenschaft können Ratten bis zu drei Jahre alt werden“, teilt das UBA mit. Schon die Einführung trägt den Titel „Unsere ständigen Nagetier-Begleiter“. Denn im Gegensatz zu unzähligen anderen Tierarten ist die Wanderratte durch den Aufstieg des modernen Menschen weder verdrängt worden noch ausgestorben. Ganz im Gegenteil: Stattdessen hat sie sich vermehrt und verbreitet, wie eine Gruppe um den Ökologen Jason Munshi-South von der Drexel University in Philadelphia in einem Überblicksartikel schreibt. Populationen von Wanderratten seien selbst innerhalb einzelner Städte zu groß für genaue Schätzungen. Grundsätzlich stammt die Gattung Ratte (Rattus) demnach vermutlich aus Südostasien, von wo aus sie sich im Laufe der Jahrtausende ausbreitete. Domestiziert waren die Tiere nachweislich bereits um die Mitte des 17. Jahrhunderts in Japan, Rattenzucht ist in England und Frankreich seit dem frühen 19. Jahrhundert bekannt. Für wissenschaftliche Versuche gezüchtet wurden Ratten in Nordamerika schon in den 1890er Jahren. Lange Zeit waren sie das meistgenutzte Versuchstier der Forschung, inzwischen liegen sie zahlenmäßig weit hinter der Hausmaus (Mus musculus domesticus) auf Platz 2., das zum Bundesinstitut für Risikobewertung gehört. Demnach wurden in jenem Jahr mehr als 47.000 Ratten für wissenschaftliche Zwecke getötet. Mehr als 15.000 weitere seien getötet, aber nicht zu Versuchszwecken verwendet worden.beispielsweise Risiken von Chemikalien getestet, indem diese den Tieren – teils über längere Zeiträume – verabreicht werden. Solche Versuche seien mit am grausamsten, da die Tiere gezielt Stoffen ausgesetzt würden, die mitunter gefährlich oder giftig seien. Dabei könne es zu Verätzungen, Atemnot, Lähmungserscheinungen, Organversagen oder Blutungen kommen. Als sogenannte Krankheitsmodelle werden Tiere laut der Sprecherin etwa künstlich infiziert oder verletzt, um Symptome zu erzeugen, die denen der jeweiligen Erkrankung beim Menschen ähneln. Auch Therapien werden – bevor man sie an Menschen erprobt – an Tieren getestet. Zwar hätten Tierversuche in der Vergangenheit zu Fortschritten in Medizin und Biologie beigetragen, heute gibt es laut Tierschutzbund aber auch aussagekräftigere tierversuchsfreie Methoden. Diese könnten Verbraucher- und Umweltschutz sicherstellen und Tierleid vermeiden, etwa durch im Labor nachgezüchtete Organe.Dass die Wanderratte in Massen als Versuchstier genutzt wird, liege unter anderem an ihrer schnellen Vermehrungsfähigkeit, schreibt eine Gruppe um Gail Davies von der englischen Universität Exeter in. Ein Weibchen kann laut UBA bis zu sechsmal im Jahr durchschnittlich jeweils acht Junge zur Welt bringen, die nach zwei Monaten geschlechtsreif werden und sich dann selbst fortpflanzen können. Dies – in Verbindung mit ihrer geringen Größe und guten Anpassungsfähigkeit – mache die Tiere ökonomisch zu einem günstigen Versuchstier, schreibt das Team um Davies.Bisher würden die Nager von der Gesellschaft vorwiegend als Schädlinge angesehen. Daher stehe ihr Wohlergehen an deutlich niedrigerer Stelle als das der als viel charismatischer geltenden Katzen und Hunden, heißt es weiter. Das belege eine 2018 in Großbritannien durchgeführte Umfrage: Demnach hielten 47 Prozent der Befragten Experimente an Ratten für akzeptabel, bei Hunden und Katzen waren es nur 13 Prozent. Auch politisch seien Ratten benachteiligt worden, beispielsweise durch ihren Ausschluss aus dem Tierschutzgesetz in den USA 1966. Überdies hätten sich Tierschützer in ihren Aktivitäten eher auf Primaten und Haustiere fokussiert, weniger auf Ratten, so Davies und Kollege
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