Der ehemalige Betreiber der Weberei in Gütersloh, Steffan Böning, kritisiert scharf das bestehende Finanzierungsmodell des Kulturzentrums. Er sieht die Situation als unhaltbar an und bemängelt die geringe Förderung, die nicht ausreicht, um die Weberei wirtschaftlich zu betreiben.
Herr Böning, vor einem Jahr haben Sie gegenüber der Stadt Gütersloh den Mietvertrag für die Weberei gekündigt. War das aus heutiger Sicht eine richtige, unumgängliche Entscheidung? Steffan Böning : Auf jeden Fall, das sagen wir uns immer wieder. Den Weg so weiterzugehen, wäre nicht von Erfolg gekrönt gewesen. Warum nicht? Aus zwei Gründen: Das Finanzierung smodell der Weberei aus dem letzten Jahrtausend funktioniert nicht mehr.
Plakativ formuliert ist Waffeln und Pizza zu verkaufen, um die Kultur zu finanzieren, so nicht mehr möglich. Auf diese Weise lässt sich ein solches Kulturzentrum mit hohem Eigenfinanzierungsanteil nicht mehr vernünftig betreiben. Und der andere Grund? Der andere Grund war bekanntermaßen, dass der Umbau des Gebäudes, das stark in die Jahre gekommen ist, von heute auf morgen seitens der Stadt abgesagt wurde, was unsere gesamte Jahresplanung über den Haufen geworfen hat. Das war ein solcher Einschnitt für uns, dass wir gesagt haben, wir müssen den Weg frei machen für eine komplette Neuaufstellung, die in dem Gebäude vielleicht auch ein anderes Konstrukt ermöglicht. Der Austausch mit der Verwaltung läuft im operativen Bereich. Natürlich hat die generelle Absage des Umbaus der Weberei 2023 wenige Tage vor Weihnachten bei uns keine Freudenschreie ausgelöst, weil es für uns viel Arbeit war, uns darauf einzurichten. Aber das hat sich mittlerweile wieder beruhigt. Die Stadt hat damals von einem Fehler gesprochen und sich entschuldigt. Eine Investition von zwei Millionen Euro, bei der der Termin lange feststand, in die zig Gewerke eingebunden sind und über die wir im Januar oder Februar 2023 informiert wurden, einfach kurz vor Jahresende abzusagen, hätte in der Privatwirtschaft sicherlich andere Konsequenzen gehabt. Im März vergangenen Jahres hat sich ein Arbeitskreis zusammengefunden, der über die Zukunft der Weberei berät. Waren Sie als Betreiber Teil dieses Kreises? Das war ein politischer Arbeitskreis, deshalb gehörten wir wohl nicht dazu. Wir waren auch nicht als Gast eingeladen. Aber wir sind mit der Politik und vielen Akteuren im Austausch. Ich denke aber auch, dass es wichtig ist, dass wir nach unserem „So geht es nicht weiter“ jetzt auch mal stille halten und ohne altkluge Einmischung unsererseits erst einmal geklärt wird, was die Öffentlichkeit für sozialkulturelle Angebote in Gütersloh erwartet und welche davon ein Bürgerzentrum erfüllen kann. Aber Sie haben die Erfahrung der letzten zwölf Jahre, die Sie in diese Diskussion einbringen könnten. Das wird sicherlich auch dazu kommen, dass wir unsere Expertise einbringen können. Denn der Betrieb hier ist oft doch komplexer, als es von außen aussieht. Einige Ideen, die ich gehört habe, zeigen, dass es zuweilen wenig Kenntnis davon gibt, wie die Weberei tatsächlich funktioniert. Wenn man vorschlägt, die Gastronomie outzusourcen und fremd zu verpachten, denke ich mir: Dann ist ja der letzte finanzielle Strohhalm weg, der die Weberei noch kommerziell attraktiv für einen zukünftigen Betreiber. Dann müsste man sie ja noch mehr fördern. Zudem haben viele keine Vorstellung davon, wie verschachtelt dieses Gebäude ist. Jeder Raum ist hier mal Lager, mal Tagungsraum, mal Künstlergarderobe. Wenn man sich dann vorstellt, dass dann auch noch ein fremder Pächter hier zu tun hat, fehlt mir die Fantasie, mir vorzustellen, wie das funktionieren soll. Der alte Förderverein, der lange Jahre kaum aktiv war, ist wiederbelebt worden. Haben Sie Kontakt zu ihm? Ja, wir sind in einem Austausch. Wir haben dem Förderverein zum Beispiel empfohlen, sich auch andere Zentren anzuschauen, um ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass dieses Finanzierungskonstrukt nicht mehr trägt. Ich bin auch im Landes- und Bundesverband soziokultureller Zentren aktiv. Dort bekomme ich viele gute Beispiele mit, wie es an anderen Häusern besser funktionieren kann. In Köln etwa bekommen die Betreiber nur grobe Ziele vorgegeben, etwa den Fokus beispielsweise mal mehr auf Jugendarbeit, mal mehr auf Arbeit mit Migranten zu richten. Und dann wird gemeinsam geschaut, wie das funktionieren kann. Haben Sie den Eindruck, dass alle Beteiligten aus Politik und Verwaltung gut informiert sind, was den Betrieb dieser soziokulturellen Einrichtung angeht? Dieses alte gewachsene Konstrukt der Finanzierung, bei der anfangs die gesamte Förderung als Miete an die Stadt zurückging ist schlichtweg: linke Tasche, rechte Tasche. Da bleiben im Moment nur 8.000 Euro netto pro Monat übrig. Angesichts dessen, was das Team hier leistet und wie oft wir geöffnet haben, ist das nur ein sehr kleiner Förderbeitrag. Es muss Politik und Verwaltung klar sein, dass man unter diesen Bedingungen keinen finden wird, der die Weberei betriebswirtschaftlich sinnvoll leiten kan
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