Werkstätten für Menschen mit Behinderung bilden einen unsichtbaren Massenmarkt in Deutschland. Der Komplex beschäftigt 300.000 von ihnen. Über eine Parallelwelt, die kaum jemand kennt.
Werkstätten für Menschen mit Behinderung bilden einen unsichtbaren Massenmarkt in Deutschland. Der Komplex beschäftigt 300.000 von ihnen. Über eine Parallelwelt, die kaum jemand kennt.2024. Der" Constructive World Award " wurde 2023 von FOCUS online ins Leben gerufen. Mit dem Award soll die gesellschaftliche und journalistische Arbeit derjenigen gewürdigt werden, die unsere Welt konstruktiv nach vorne denken und bewegen.
Der Gesetzgeber formuliert einen klaren Auftrag: Die Werkstätten sollen fit machen für den Allgemeinen Arbeitsmarkt, auf berufliche Reha ausgerichtet sein; die Anzahl derjenigen, die den Übergang von den Werkstätten in den Allgemeinen Arbeitsmarkt schaffen, liegt aber bei einem Prozent; dem Bundesarbeitsministerium liegen nicht einmal Zahlen vor. Unter den behinderten Menschen kursiert der Spruch: In eine Werkstatt kommst du schnell rein, und kaum wieder raus.
Wenn es um die Zahlen geht, sind Werkstätten eine Erfolgsstory. Sie wachsen seit Jahren. Mehr Menschen mit schweren Beeinträchtigungen gibt es zwar nicht. Aber den Werkstattbeschäftigten winkt Stabilität: Wenn sie in Rente gehen, werden ihnen 80 Prozent des durchschnittlichen Verdienst aller Versicherten als höherer fiktiver Verdienst angerechnet – auf dem freien Arbeitsmarkt müssen sie hingegen Altersarmut befürchten.
Die Zeiten, in denen Werkstätten vom Verkauf gebastelter Strohpuppen auf Weihnachtsmärkten lebten, sind vorbei Der Bereich"Konfektionieren und Verpacken" ist der größte in der Werkstatt. Mit jeder Minute wächst der Stapel an versandfertigen Briefen, die Rolle mit Etiketten dagegen wird immer kleiner. Das motiviert. Zügig arbeitet die Gruppe aus zehn Beschäftigten, schnell gerät man in einen Rhythmus."Ich bin ja froh, dass ich eine Arbeit habe", sagt Katja."Wir hauen viel weg.
Was den Unterschied macht, zeigt eine Reise ins Grenzland von NRW und Niedersachsen, zu einem Treff zwischen zwei Brüdern. Sanfte Hügel umschließen eine Kleinstadt, darin viel Fachwerk und ein Eiscafé. Tom* und Norman* berühren sich mit ihren Stirnen, grinsen."Ich esse zwei Schokobecher hintereinander.""Schaffst du niemals.""Wirste sehen."
Tom nicht, ist selbständiger. Wer die beiden sieht, denkt: Norman hat"die Behinderung", Tom nicht. Der ältere Bruder lebt in einem Wohnheim, mit jungen Erwachsenen, die alle deutlich schwerer beeinträchtigt sind als er. Zwar hat er eine Butze allein, in einem Nebentrakt. Aber.
Sackarendt schaut auf die Uhr, gleich muss er in einen Vorbereitungsausschuss für den Bundesverbandstag, es geht um viele Anträge zu Hartz IV, Rente, Pflege."Zum einen professionalisierten sich die Werkstätten, zum anderen gab es dann Schübe." In den Achtzigern die Massenentlassungen, bei denen psychisch Erkrankte als erste den Job verloren und erstmals in Werkstätten kamen.
"So wurde das eben geregelt. Man kann es aber auch positiv sehen: Wir leisten uns in Deutschland ein System, welches Menschen eine Teilhabe am Arbeitsleben ermöglicht; in anderen Ländern gibt es oftmals gar nichts."Während er redet, tickt laut irgendwo im Hintergrund eine Uhr. Berg erzählt von seiner gemischten Fußballmannschaft,"wenn wir verlieren, sind wir die Netten.
Nach der Arbeit in der Werkstatt ist er oft unterwegs, besucht Freunde oder die Physiotherapie, geht Klettern oder zu Hobbykursen der Lebenshilfe; eine Unruhe treibt ihn an, es geht ja auch alles langsamer, mit seinem Körper."Die Spastik nervt im Alltag, aber vor allem, weil Viele um mich herum noch ungeduldiger sind als ich." Jede Bewegung, jedes Wort muss von ihm mühsam navigiert werden, wie durch klippenreiches Gewässer. Aber er kommt immer an.
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