Jörg Hildebrandt, Sohn des damaligen Pfarrers der Versöhnungskirche an der Bernauer Straße, erinnert sich an den Tag der Sprengung am 22. Januar 1985. Er erzählt von der Bedeutung der Kirche für seine Familie und die Gemeinde und vom Abschied von einem Ort, der für viele Menschen ein Symbol der Hoffnung und des Friedens war.
Am 22. Januar 1985 ließen die DDR -Behörden die Versöhnungskirche an der Mauer an der Bernauer Straße sprengen. Jörg Hildebrandt , Sohn des damaligen Pfarrers, erzählt vom Abschied und vom Wert der Erinnerung . rbb|24: Herr Hildebrandt, die Versöhnungskirche am St.Elisabethkirchhof hatte den Krieg überstanden, ihre Kriegsschäden waren in den 1950er Jahren beseitigt worden. 1985 allerdings wurde die Kirche gesprengt. Sie haben ganz persönliche Verbindungen zu dieser Kirche.
Wie ist Ihre Erinnerung an den Tag des Abrisses? Und ich wussten von dem Termin. Wir hatten erfahren, dass die Sprengung an diesem Tag im Januar 1985 stattfinden sollte. Regine war hier an der Bernauer Straße aufgewachsen. Und weil uns die Sprengungsankündigung so nah ging, haben wir gesagt: Wir gehen nicht hin. Das tun wir uns nicht an. Aber dann waren wir doch da. Ich war am Nachmittag der Sprengung so gegen 15 Uhr in Richtung Kirche aufgebrochen. Und Regine auch. Wir trafen uns zufällig, wirklich zufällig, in der damaligen Egon-Schultz-Straße, also an der Strelitzer. Geboren 1939 in Ostpreußen, verbrachte ab 1950 als Sohn des Pfarrers der Ostberliner Versöhnungskirche einen Großteil seiner Kindheit und Jugend in Mitte an der Bernauer Straße. In der Gemeinde lernte er seine spätere Ehefrau Regine Hildebrandt, in den 1990er Jahren prominente Brandenburger SPD-Politikerin, kennen. Nach dem Mauerfall setzte er sich für die Erinnerung an die Versöhnungskirche und ihre Zerstörung ein und engagierte sich dabei etwa für die Restaurierung der vor der Sprengung ausgebauten Turmuhr. Sie ist im Gebäude des Evangelischen Werks für Diakonie und Entwicklung an der Bernauer Straße ausgestellt. Aber die Kirche stand zwischen den Mauern und der Bereich war doch von der Ostseite auch gar nicht mehr zugänglich, noch nicht einmal einzusehen, oder? Abgeriegelt. An diesem Tag war alles hermetisch abgeriegelt von den Stasi-Leuten. Und von der Volkspolizei. Ringsum. Aber wir kannten Schleichwege. Wir waren sonst auch öfter mit den Kindern an der Hinterlandmauer bei der Kirche. Und bei diesem Versuch nun, zur Kirche zu kommen, haben wir uns dann auch ziemlich dicht dorthin getraut. An der Rheinsberger, Ecke Strelitzer Straße standen wir dann. Aber weiter kamen wir nicht ran, und wir haben dann die Sprengung beobachtet. Für Regine war es ein ganz schlimmer, wirklich emotionaler Schock. Das machte ihr lange zu schaffen. Das war ja ihre Kirche. Sie ist dort getauft und eingesegnet worden. Und wir, Regine und ich, wir hatten uns dort kennengelernt, ich war ja der Pfarrerssohn. Ich habe dann die Sprengung vielleicht ein wenig anders verarbeitet, aber natürlich war auch ich traurig. Sehr, sehr traurig. Zur Versöhnungskirche, die mit der Sprengung des Kirchenschiffs am 22. Januar 1985 und des Kirchturms am 28. Januar von den DDR-Behörden vernichtet wurde, konnten sie doch aber schon lange nicht mehr hin. Jahrzehnte. Die Kirche stand in Mitte, also im Osten, aber sie stand ja zwischen den Grenzmauern. Niemand aus der Gemeinde kam dort rein, oder? Ja, die Kirche war bei ihrer Sprengung '85 eigentlich schon lange kein Sakralbau mehr. Geistliches Leben fand dort seit Oktober '61 überhaupt nicht mehr statt. Mein Vater hatte hier nach dem Krieg eine Pfarrstelle bekommen, als er aus der Gefangenschaft kam, 1950. Und hier haben wir, habe ich dann natürlich sehr intensiv auch die Trennung und Teilung der Stadt in Ost und West miterlebt. Ich hatte hier Regine kennengelernt, die nur ein paar Häuser entfernt wohnte. Die Versöhnungsgemeinde - das war für uns die bestimmende Kinder- und Jugendzeit. Dann wurde die Kirche '61 mit dem Mauerbau abgeriegelt. Zugemauert am 21. August. Am 13. August und auch am 20. August '61 hatten die Westberliner noch kommen können. Und sie kamen auch, denn schießlich bestand die Gemeinde zu etwa 90 Prozent aus Mitgliedern, die aus dem Westen kamen. Den letzten Gottesdienst hatten wir dann am 25. oder 26. Oktober gehabt. Dann war Schluss. Ich kannte Schleichwege. Über den Friedhof. Kam also heimlich in den letzten Wochen, also Anfang Dezember noch hin und wollte mit Regine, meiner Freundin damals, im Advent einen Stern an die Kirche hängen. Aber da wurden wir gefasst. Genau. Und dann begann der Verfall. Für die Grenzposten war die Kirche ein Urinal, die Sakristei wurde zum Hundezwinger und der Turm diente als Gefechtsstand. Die Sprengung der Versöhnungskirche im Todesstreifen an der Bernauer Straße ist ein ikonographisches Bild aus dem geteilten Berlin. Diese Woche jährt sich das zum 40. Mal. Ulli Zelle trifft den Sohn des damaligen Pfarrers, der das als Jugendlicher miterlebt hat. Auf den Friedhof, den Elisabethkirchhof, konnte man ja noch gehen, also nahe der Kirche sein... Wie haben sie dann von dem Abriss erfahren? Im Gespräch in der Kirche, in den Gemeinden, war der Abriss schon vor 1985 ein Them
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