Die Friedensbewegung ist gespalten: Wie scharf soll man die russische Aggression verurteilen? Und wie soll man mit Querdenkern und Rechten umgehen?
Auf Friedenssymbole gibt es kein Copyright. Jeder kann sie nutzen. Hier beim Ostermarsch 2022 Foto: Julian Stratenschulte/picture allianceChristian Jakob 7.4.2023, 19:03 Uhr
„Als wir mit unserer Anzeige in der taz für den Ostermarsch Reklame gemacht hatten, da gab es so viele Rückmeldungen wie noch nie“, sagt Golla. „Was wollt ihr denn in dieser Kriegstreiberzeitung?, haben die Leute zwar per Mail gefragt. Aber gleichzeitig haben sich so viele Unterzeichnende gemeldet wie noch nie.“
Von Bundeskanzler Olaf Scholz fordert Gollas Netzwerk deshalb, „endlich wieder Friedensinitiativen“ zu starten. Denn da müsse mehr möglich sein, findet Golla. „Dass alle maximal pokern, gehört dazu. Aber die reden ja trotzdem. Wie sonst hätte es das Getreideabkommen geben können oder den Gefangenenaustausch?“ Und so müsse eben noch mehr geredet werden. Das sei die Botschaft, mit der die Friedensbewegung auf die Straße gehen werde.
Und die zweite Schwierigkeit: Selbst die AfD präsentiert sich heute als „Friedenspartei“. Dass die politischen Milieu-Übergänge der traditionell linken Friedensbewegung heute fließend geworden sind, zeigte sich unter anderem daran, wer alles auf das „Manifest für den Frieden“ von Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht ansprang.Andrea-Cora Walther findet, dass die Abgrenzung nicht deutlich genug ist.
Nicht wenige stört auch, dass Querdenkergruppen wie die Partei Die Basis oder die Freien Linken bei den Märschen dabei sind. In Hamburg und Fulda zog der Deutsche Gewerkschaftsbund deshalb seine Unterstützung für den Ostermarsch erstmals zurück, in Hamburg, Berlin, Potsdam und Magdeburg auch Die Linke. „Klare Kante“, lobte der linke thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow.
Augenfällig wurde die politische Spreizung zuletzt in Nordrhein-Westfalen. Obwohl es in dem Bundesland etliche jahrzehntealte Friedensgruppen gibt, bildete sich dort im Februar ein Friedensbündnis NRW neu. Auf seinem Telegram-Kanal ist die Rede von einem „neuen und großen Teil der Friedensbewegung“, der „aus der Grundrechtebewegung gegen die regierungsoffiziellen und höchst profitträchtigen Corona-Maßnahmen hervorgegangen“ sei.
Aus solchen Akteuren also besteht das Friedensbündnis NRW. Am 25. März organisierte es in Düsseldorf eine Kundgebung unter dem Motto „Diplomaten statt Granaten! Verhandeln jetzt!“. Hauptredner war das Ex-Linke-MdB Diether Dehm, aufgerufen hatte unter anderem die Querdenkerpartei Die Basis. Am Rande protestierten Antifas.
Minderheit mit Russlandfahnen Diese sind weiterhin eine Minderheit, keine Frage. Aber was tun, wenn sie mit Russlandfahnen bei der Friedensdemo anrückt? „Wenn die lokalen Veranstalter Hilfe brauchen, gebe ich denen eine Antwort,“ sagt Golla. Aber letztlich müssten diese in regionaler Verantwortung entscheiden. „Sonst funktioniert das nicht.“ Auf das Friedenssymbol gebe es „kein Copyright, Frieden ist keine geschützte Bezeichnung“.
Wohin manche Teile der Friedensbewegung driften, war aber schon vor Russlands großflächigem Überfall absehbar. 2021 erschien der „Neue Krefelder Appell“ – ein Manifest, das an die millionenfach unterzeichnete Erklärung gegen den Nato-Doppelbeschluss von 1981 anzuknüpfen vorgab. In der Neuauflage war von „immer aggressiver werdenden gegen Russland und China gerichteten Manövern“ zu lesen.
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