Der Titelverteidiger der Australian Open, Jannik Sinner, steht im Mittelpunkt eines Dopingdekesses. Ein Blick auf seine aktuelle Situation und die Frage, ob Sport-Justitia wirklich fair ist.
Nein, an der Dachkonstruktion der Rod Laver Arena lag es nicht, dass sich Jannik Sinner, 23, unwohl fühlte in diesem für ihn kritischen Moment. Es waren die Bilder auf der Leinwand knapp darunter, die ihn beim Aufschlag so massiv ablenkten, dass er bei Einstand einen Doppelfehler fabrizierte und seinem Gegner einen Breakball zum 4:3 im ersten Satz ermöglichte.
Der Schiedsrichter griff zum Telefon und forderte die Regie auf, rasches Zoomen bei Aufschlagbewegungen der Akteure gefälligst zu unterlassen. Beim Dach musste er nicht eingreifen, denn das hat eine sehr interessante Funktion: Es wird in Echtzeit von beiden Seiten aus so manövriert, dass stets die komplette Spielfläche in Sonnenlicht getaucht ist – es gibt tagsüber keinen Quadratzentimeter Schatten. Das ist eine neue Erfahrung für den Titelverteidiger in diesen Tagen, denn natürlich gibt es da diese Wolke, die ihn begleitet, wohin immer er auch geht auf der Anlage, und die einen finsteren Schatten auf ihn und dieses Turnier wirft. „Ich würde lügen, wenn ich sagte, dass ich es verdrängen kann, es begleitet mich nun doch schon sehr lange.“ Es ist das große Gesprächsthema in Melbourne: Ist es wirklich okay, dass Sinner antreten darf beim ersten Grand-Slam-Turnier des Jahres? Und was, wenn er seinen Titel verteidigt? Beim 7:6 (2), 7:6 (5), 6:1 in der ersten Runde gegen den Chilenen Nicolás Jarry unterstrich er mit großer Spielfreude und Nervenstärke, dass er durchaus gedenkt, 2025 noch erfolgreicher zu sein als in der vergangenen Saison: Da hatte er acht Titel gewonnen, darunter zwei Grand-Slam-Events (Melbourne, New York), drei Masters-Turniere sowie das ATP-Finale am Saisonende – und gerade mal sechs Matches verloren. Die Wolke ist sein Dopingfall, der noch immer nicht restlos geklärt ist und auch nicht während dieses Turniers geklärt werden wird. Am vergangenen Freitag hatte der Sportgerichtshof Cas verkündet, dass Sinner Mitte April zu einer Anhörung in Lausanne kommen werde. In fast drei Monaten – eine Ewigkeit. Sinner war im März 2024, bei Turnieren in Indian Wells und Miami, zweimal positiv auf das anabole Steroid Clostebol getestet worden, von der International Tennis Integrity Agency (Itia) aber freigesprochen worden mit der Begründung, dass man Sinner keine vorsätzliche Schuld nachweisen könne und die Menge so gering sei, dass sie keinesfalls leistungsfördernd gewesen sein könne. Die Itia folgte Sinners Erklärung, dass die verbotene Substanz bei einer Massage oder Behandlung über die Hände seines Physiotherapeuten in seinen Körper gelangt sei. Dagegen hatte die Welt-Anti-Doping -Agentur (Wada) Einspruch erhoben und eine Sperre von ein bis zwei Jahren gefordert. Bis zur Klärung darf Sinner antreten, auf den größten Bühnen, die dieser Sport zu bieten hat. Schuld und Bühne also, wobei der offizielle Vorwurf keineswegs lautet, Sinner habe absichtlich leistungsfördernde Mittel genommen. Das zu behaupten wäre nach jetzigem Kenntnisstand ebenso verkehrt wie die Behauptung am anderen Ende des Spektrums, dass es doch einen Freispruch gegeben habe und die Sache damit erledigt sei. Wenig ist erledigt, genau da liegt das Problem. „Ich wundere mich, warum mit manchen Spielern anders umgegangen wird“, sagt Novak Djokovic Längst geht es nicht mehr allein um Sinners Mitverantwortung in diesem komplizierten Fall, sondern auch um die Frage, ob Sport-Justitia wirklich alle Akteure unabhängig von ihrer Prominenz gleich behandle. „Ich wundere mich, warum mit manchen Spielern anders umgegangen wird“, sagte, nein, nicht irgendwer, sondern der 24-malige Grand-Slam-Gewinner Novak Djokovic . Sinner mag derzeit die Nummer eins sein. Djokovic ist der erfolgreichste Tennisprofi der Geschichte, sein Wort hat Gewicht, und der Schatten wird zur Sonnenfinsternis, wenn der sagt: „Vielleicht hat es mit der Position in der Rangliste zu tun, finanziellen Möglichkeiten oder besseren Anwälten.“ Der deutliche Vorwurf – neben jenem, dass ein Spieler selbst verantwortlich dafür ist, was in seinem Körper gefunden wird: Die Stars auf der Bühne seien wichtiger als eine korrekte Aufarbeitung. Er richtet sich an die Spielervereinigung ATP (Chef Andrea Gaudenzi sagte, dass alles „zu 100 Prozent korrekt“ gelaufen sei) und an die Itia, die den Sinner-Fall erst mit der Urteilsverkündung fünf Monate nach Befund öffentlich gemacht hatte und zusätzlich in der Kritik steht, weil sie die Weltranglistenzweite der Frauen, Iga Swiatek, 23, aus Polen, nach deren positivem Befund im August nur einen Monat gesperrt hatte. Swiatek gewann am Montag ihre Auftaktpartie gegen die Tschechin Katerina Siniakova 6:3, 6:4. Was gerade manchen Australier verwundert, auch wenn Dopingfälle nie direkt miteinander zu vergleichen sind: Sinner spielt in der größten Arena, Max Purcell darf nicht einmal auf die Anlage. Er hatte bei einer Infusion – die keinerlei verbotene Mittel enthalten hatte – unabsichtlich das erlaubte Limit von 100 Millilitern an Vitaminen überschritten, Verantwortung übernommen und am 2
DOPINGFALL SINNER AUSTRALIAN OPEN TENIS DJOKOVIC
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