Hinter der karibischen Postkartenkulisse verbirgt sich eine kaputte Wirtschaft und eine restriktive Regierung. Junge Menschen wandern aus.
Eine junge Frau mit Smartphone am Strand. Freies Internet gibt es in Kuba nicht Foto: Alexandre MeneghiniShoko Bethke Aus havanna, 9.3.2023, 14:19 Uhr
Ihre Worte sollen in der Zeitung stehen Silvana ist Anfang dreißig und arbeitet im Kulturbetrieb. Ihren richtigen Namen will sie wegen ihrer kritischen Haltung gegenüber der Regierung nicht in der Zeitung lesen. Aber reden will sie: Es ist ihr wichtig zu sagen, dass das Bild, das anderswo von Kuba vermarktet wird – das sonnige Touristenparadies –, nicht stimmt.
Tatsächlich ist der Weg in die USA für Kubaner*innen etwas leichter als für Bürger anderer lateinamerikanischer Staaten. Seit der Cuban Adjustment Act am 2. November 1966 in Kraft getreten ist, genehmigen ihnen die Vereinigten Staaten einen dauerhaften Aufenthalt, wenn sie sich seit mindestens einem Jahr auf dem Boden der USA befinden.
Auch Silvana sagt, sie wolle früher oder später das Land verlassen, um sich irgendwo anders ein neues Leben aufzubauen. Doch jetzt haben sich die jungen Menschen erst mal im Westen der Hauptstadt versammelt, um das Wochenende zu feiern. Teil des Musikfestivals ist auch eine Kunstausstellung. Sie zeigt für kubanische Verhältnisse durchaus untypische Kunst.
Infolge der Proteste wurden 1.400 Menschen inhaftiert, darunter auch Jugendliche unter 18 Jahren. Die Menschen kämen auch nicht mehr nach einigen Tagen oder maximal einigen Monaten wieder auf freien Fuß, sagt die Menschenrechtsaktivistin. Die Regierung verhänge mittlerweile auch jahrelange Haftstrafen.
„Das Geld kommt aus dem Staatshaushalt“, erklärt Bert Hoffmann, Politikwissenschaftler und Kuba-Experte. Von den Zuckerrohrbetrieben bis hin zu den staatlichen Hotels sei der Staat der größte wirtschaftliche Akteur. Doch nur ein kleiner Teil davon werde durch Steuereinnahmen gegenfinanziert. „Es kommt zu Medikamentenmangel, es gibt kaum Investitionen in die Sanierung von Gebäuden, und auch die Löhne sind nicht mehr so viel wert wie früher.
Künstler:innen müssen sich in Kuba ihre Kunst für gewöhnlich vom Staat genehmigen lassen. Die Regierung geht gegen kritische Meinungen scharf vor Im Lidl einkaufen zu können ist ein Luxus Ähnlich wie Silvana ist auch Roberto Anfang 30. Und auch er möchte nicht mit richtigem Namen in der Zeitung stehen. Er arbeitet in einem Hotel und hat viel mit ausländischen Gästen zu tun. An der Wand der Hotellobby hängen mehrere gerahmte Porträts von Menschen, die eine Grimasse ziehen. Auch Roberto zieht häufig eine Grimasse, insbesondere, wenn er über sein Land schimpft.
Am Fenster neben der Eingangstür hängt außerdem eine große Deutschlandflagge. „Das hab ich nicht aufgehängt“, versichert er, das sei seine Putzkraft gewesen. Aber auch sonst liegen Gegenstände wie Schlüsselanhänger oder selbstgebastelte Schatzkisten in Schwarz-Rot-Gold im Raum verteilt. Seine Liebe zum FC Bayern hat sich irgendwann offensichtlich auf das ganze Heimatland des Fußballclubs ausgeweitet.
Muscheln oder Oktopusse finden sich lediglich in Form von Graffiti an der Wand. Auf den Straßen sieht man viele Menschen, die im Müll nach Essensresten und anderen brauchbaren Gegenständen suchen. Wenn sich Kubaner:innen etwas gönnen wollen, bilden sie meterlange Schlangen vor Eisdielen, die meistens nur eine Sorte anbieten. Das Schokoladeneis schmeckt wässrig, von Kakao ist kaum etwas zu spüren.
Serien über Streamingdienste zu schauen oder Musik zu streamen ist daher unmöglich. Doch die Kubaner:innen kennen ihre Mittel und Wege, um trotzdem auf dem neusten Stand zu bleiben. Silvana bekommt einmal pro Woche eine Festplatte vom Schwarzmarkt, ein „Package“, also ein Paket, wie sie es nennt.
Um ihre Macht aufrechtzuerhalten, sperrt die Regierung allerdings ihre Kritiker:innen nicht nur digital aus, sondern auch ganz analog hinter Gittern ein. Amnesty International fordert den Präsidenten Díaz-Canel seit Längerem dazu auf, den Aktivisten Luis Manuel Otero Alcántara freizulassen. Alcántara war zu fünf Jahren Haft verurteilt worden, weil er in einem Video angekündigt hatte, an der letzten großen Demonstration am 11.
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