Egbert Schmidt überlebte knapp den Terror vom Breitscheidplatz. Und wurde danach ein zweites Mal zum Opfer. Diesmal war es der Staat, der ihm Schaden zufügte.
Egbert Schmidt überlebte knapp den Terror vom Breitscheidplatz. Und wurde danach ein zweites Mal zum Opfer. Diesmal war es der Staat, der ihm Schaden zufügte.Der Richter hat kaum zu sprechen begonnen, da bricht Egbert Schmidt in Tränen aus. Er springt von seinem Stuhl neben seinem Anwalt auf, hastet zum offenen Fenster, starrt auf die dicht befahrene„Sie haben von uns nichts zu befürchten“, sagt der Richter, als Schmidt zu seinem Stuhl zurückkehrt.
Ein Fluchtreflex erfasst ihn, er springt hinter eine Bude, fällt, verliert seine Brille. „Dann ist Stille“, hier und da ein Schrei. Menschen rennen auf ihn zu, ohne Brille kann er sie kaum erkennen, die Angst packt ihn, er flüchtet unter den Anhänger des Lkw. Da fühlt er sich sicher. Schmidt riecht Diesel, Blut, Glühwein. Weil er nichts richtig sieht, muss er ganz nah ran. Erst da erkennt er die verletzten Körper, die reglosen Gesichter am Boden.
Im Radio hört er von der Flucht von Amri, von seinem Tod. Schmidt wird zunehmend aggressiv, beleidigt Passanten auf der Straße. Seine Beziehung geht in die Brüche. Seine Gedanken kreisen um den Abend des Anschlags, der Geruch von Diesel und Blut reißt ihn aus dem Schlaf. Er spürt sich nur noch, wenn er sich in brenzlige Situationen begibt.
Egbert Schmidt wurde im Mai 2018 von einer Psychiaterin im Auftrag des Lageso begutachtet. Anderthalb Jahre nach dem Anschlag. In dem Gutachten wird ausführlich auf sein Leben vorher eingegangen. Als Egbert Schmidt im Sommer 2019 nochmals beim Lageso nach der von der Gutachterin „dringend“ empfohlenen Reha-Maßnahme fragt, erfährt er: Ein Antrag dafür wurde nie gestellt. Als er eine Behandlung in der Trauma-Klinik am Waldschlösschen in Dresden beantragt, wird diese abgelehnt., von Steinmeier. Alle bedanken sich für das Treffen mit ihm, aber teilen mit, dass sie wenig für ihn tun können.
Auch der Richter im großen Saal 113 des Sozialgerichts spricht das an. Das Lageso sei eine Behörde, die „bei weitem nicht ausreichend ausgestattet“ sei, das Verfahren vor Gericht habe „zu lange“ gedauert. „Darüber bin ich nicht glücklich.“
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