In Nordrhein-Westfalen (NRW) könnten rund 1.500 Windräder in Gebieten entstehen, die eigentlich für Windkraft ausgeschlossen waren. Eine Gesetzeslücke ermöglicht es Investoren, Anträge für Windräder außerhalb der vorgesehenen Flächen einzureichen. Naturschützer kritisieren den unkontrollierten Ausbau und befürchten negative Auswirkungen auf die Umwelt. Die Politik hofft auf eine schnelle Lösung auf Bundesebene.
Düsseldorf. Nordrhein-Westfalen ( NRW ) könnte rund 1.500 Windräder in Gebieten errichten, die die regionale Politik eigentlich für diesen Zweck ausgeschlossen hatte. Für diese Flächen werden seit Monaten Hunderte Anträge von Investoren eingereicht. Grund ist eine Gesetzeslücke . Weil die sogenannten Regionalpläne , die die Windkraft -Verteilung regeln, derzeit überarbeitet werden, fehlt den Städten und Gemeinden ein rechtliches Steuerungsinstrument, um die Anträge abzulehnen.
Diesen Schwebezustand nutzen Investoren aktuell aus. In OWL liegen in den Kreisen Paderborn und Höxter aktuell rund 280 Anträge für Windräder außerhalb der beplanten Flächen vor; im Bereich der Bezirksregierung Arnsberg sind es sogar 585 und selbst im Regierungsbezirk Köln sind es 159. In Münster und Düsseldorf waren es nach aktuellsten Zahlen von Ende November 200 beziehungsweise 50. „Die Politik will spätestens seit 2021 einen massiven Windkraft-Ausbau in der Fläche vorantreiben“, kritisiert die Vorsitzende des Naturschutzbundes (Nabu) in NRW, Heike Naderer. „In dem Wunsch, möglichst schnell möglichst viel Windkraft auszubauen, sind Strategie und Maß völlig untergegangen“, meint Naderer und spricht von einer „dramatischen“ Situation für den Natur- und Artenschutz. Hintergrund: Firmen nutzen Grauzone für 280 neue Windräder in OWL Naturschützer sorgen sich um Biotopflächen und Wälder Auch der Sprecher der Bezirkskonferenz Naturschutz OWL, Karsten Otte, sorgt sich um die Artenvielfalt. „Es besteht jetzt die Gefahr, dass 280 Meter hohe Windräder auf Flächen entstehen, die aus Naturschutzgründen bewusst ausgeschlossen wurden.“ Das betrifft zum Beispiel Wälder und Biotopverbundflächen. Otte wirft den Windkraft-Investoren eine „hemmungslose Gewinnabsicht“ auf Kosten der „Gemeinwohlorientierung“ von Mensch und Natur vor. Jan-Maik Schlifter, der für die FDP im Detmolder Regionalrat sitzt, führt die aktuelle Situation auf „handwerkliche Fehler“ in den Grünen-geführten Wirtschaftsministerien in Düsseldorf und Berlin zurück. „Das ist ein hausgemachtes Problem. Die Akteure wollten Windkraft um jeden Preis – und haben sich dabei völlig verheddert.“ Mehr zum Thema: „Katastrophe mit Ansage“: Naturschützer kritisierten unkontrollierten Windkraft-Ausbau In OWL hoffen Bürgermeister, Landräte und Mitglieder des Regionalrats jetzt auf eine Bundesregel, um wieder ein Steuerungsinstrument an die Hand zu bekommen. Ähnlich äußert sich NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur. Ziel sei eine „geordnete und rechtssichere“ Steuerung der Windenergie. Deshalb setze sich die NRW-Regierung für eine „pragmatische Lösung“ auf Bundesebene ein und bringe sich „intensiv“ in aktuelle Verhandlungen ein, um „Regelungslücken“ zu schließen, sagt Neubaur. Klagen von Investoren im Regierungsbezirk Detmold Eine kurzfristig vom Land erarbeitete Übergangsregel, die es den Akteuren vor Ort ermöglichen sollte, die Antragsverfahren zumindest um ein Jahr auszusetzen, war zuletzt zweimal vor Gericht gescheitert. Im Regierungsbezirk Detmold liegen aktuell noch vier Klagen von Investoren vor. Deshalb scheint auch die Landesregierung jetzt vor allem darauf zu hoffen, dass der Bundestag noch vor der Wahl am 23. Februar ein Gesetz auf den Weg bringt. Die Union hatte kürzlich einen Gesetzentwurf eingebracht. Die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Britta Haßelmann, versichert gegenüber dieser Redaktion, dass aktuell nach einer Lösung für dieses „konkrete und klar umrissene Problem“ gesucht werde. „Dazu sind wir mit CDU/CSU und SPD im Austausch.“ Wichtig sei, dass man weder die Ausbauziele noch das überragende öffentliche Interesse für die Windenergie infrage stelle, sagt Haßelmann. Die Bielefelderin übt zugleich Kritik an der aktuellen Entwicklung. „Es schadet der Akzeptanz der Windenergie, wenn einzelne Projektierer versuchen, die regionale Steuerung der Windenergie zu umgehen.“ Kommentar: Ärger um Windkraft: Ein Beispiel für Politikverdruss „made in Düsseldorf und Berlin“ Bundesregierung soll Regeln für Windkraft-Ausbau prüfen Das entspreche nicht dem „Geist und Ziel“ des unter grüner Regierungsbeteiligung beschlossenen Windflächenbedarfsgesetzes. Der Bundesrat habe sich daher auf Initiative aus NRW an die Bundesregierung gewandt, um die Regeln für einen geordneten Ausbau der Windkraft in den vorgesehenen Flächen zu prüfen. Wiebke Esdar, Vorsitzende der NRW-Landesgruppe in der SPD-Bundestagsfraktion, betont gegenüber dieser Redaktion: „Unser Anliegen ist, dass wir eine gesetzliche Regelung noch vor der Wahl hinbekommen. Wir wollen eine Lösung. Die muss aber auch rechtssicher sein - und da muss sich die Union noch bewegen.“ Den bisherigen Gesetzesentwurf der Union lehne man fachlich und politisch ab, da Teile davon nach Einschätzung des Bundesbauministeriums verfassungswidrig sein könnten, sagt Esdar - betont aber zugleich, dass die „Regelungslücke“ für den Ausbau der Windkraft in NRW geschlossen werden müsse
Windkraft NRW Gesetzeslücke Naturschutz Ausbau Umwelt Politik Regionalpläne
Deutschland Neuesten Nachrichten, Deutschland Schlagzeilen
Similar News:Sie können auch ähnliche Nachrichten wie diese lesen, die wir aus anderen Nachrichtenquellen gesammelt haben.
Heikle Gesetzeslücke: Windkraft-Investoren drängen auf umstrittene Flächen in NRWInvestoren nutzen aktuelle Regelungslücken aus, um Anlagen zu errichten. Naturschützer sind entsetzt. Das Land hofft auf Berlin. Von dort gibt es erste Signale.
Weiterlesen »
Schleswig-Holstein treibt Windkraft-Ausbau voranSchleswig-Holstein setzt seinen Windkraft-Ausbau weiter fort. Bis November 2024 sind bereits über 100 neue Anlagen in Betrieb gegangen. Der Branchenverband erwartet weiterhin hohe Ausbauzahlen in den kommenden Jahren.
Weiterlesen »
Schleswig-Holsteins Windkraft-AusbauDer Ausbau der Windkraft in Schleswig-Holstein schreitet rasant voran. Bis November 2024 wurden über 100 Anlagen in Betrieb genommen und 186 neue genehmigt. Das Ziel von 10 Gigawatt installierter Leistung bis Ende 2025 wird voraussichtlich erreicht. Um das Ziel von 15 Gigawatt bis 2030 zu erreichen, sind weitere Ausbauprojekte notwendig.
Weiterlesen »
NRW und die Windkraft: Gut gemeint, schlecht gemacht?Im Land drohen 1.500 Anlagen auf Flächen zu entstehen, die als tabu galten. Das ist irre, meint unser Autor - und wundert sich, wie das passieren kann.
Weiterlesen »
Windenergie-Ausbau in NRW gewinnt 2024 an FahrtDas Land Nordrhein-Westfalen war 2024 die Nummer eins beim bundesweiten Windenergie-Ausbau. Zudem sind 680 neue Windenergieanlagen mit über 4.000 MW Leistung bereits genehmigt. Der Windenergie-Ausbau in
Weiterlesen »
Unwetter in NRW: Sturm fegt über NRW – Zugstrecken und A560 gesperrtDüsseldorf (lnw) - Ein Sturmtief mit heftigen Windböen hat in Nordrhein-Westfalen Bäume umstürzen lassen und für Behinderungen im Zug- und Autoverkehr
Weiterlesen »