Zwei Jahre nach den verheerenden Erdbeben in der Türkei versucht die Stadt Antakya, sich wieder aufzurichten. Trotz der immensen Schäden und gesundheitlichen Risiken geben einige Bewohnerinnen und Bewohner nicht auf. Es ist ein Leben auf einer riesigen Baustelle.
Antakya , die antike Stadt Antiochia, liegt in einem Schleier aus Staub. Zwei Jahre nach den verheerenden Erdbeben in der Türkei und Syrien, die Zehntausende Menschen das Leben kosteten, durchquert man die Altstadt noch immer durch Trümmer. Nur zehn Prozent der Häuser in Antakya haben den schweren Erdbeben mit ihrem Epizentrum in der Nähe der Stadt standgehalten. Das Erdbeben und die vielen Nachbeben töteten 53.725 Menschen in der Türkei und mindestens 6000 im benachbarten Syrien. 39.
000 Gebäude stürzten laut dem türkischen Katastrophenschutz AFAD komplett ein, weitere 200.000 wurden schwer beschädigt. Fast zwei Millionen Menschen wurden obdachlos. Hunderte Tonnen Schutt wurden seitdem weggeräumt, aber im historischen Zentrum von Antakya sieht es immer noch aus wie in einem Kriegsgebiet. Der Rest der Stadt gleicht einer riesigen Baustelle - einem Dschungel aus Kränen, Staubwolken trüben die Sicht.„All diese Neubauten geben uns Hoffnung, sie arbeiten schnell“, sagt Atilla Cicekci. Noch wohnt der 57-Jährige mit seiner Familie wie hunderttausende andere Überlebende in einem Container - 21 Quadratmeter für Eltern und drei Kinder. 201.580 neue Wohnungen und Geschäfte im Erdbebengebiet seien bereits übergeben worden, teilte das Bauministerium Ende Januar mit. Bis Ende des Jahres sollen es insgesamt 453.000 sein. Die künftigen Bewohnerinnen und Bewohner verfolgen die Bauarbeiten genau. „Das Schwierigste ist, sie davon abzuhalten, auf die Baustellen zu kommen, denn das ist gefährlich“, sagt Architektin Deniz Eskiocak. Der Einsturz so vieler Gebäude in einer der erdbebengefährdetsten Regionen der Welt machte die Machenschaften skrupelloser Bauträger und korrupter Behörden offenbar. Diesmal soll stabiler und sicherer gebaut werden. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan bezeichnet die Arbeiten in den von den Erdbeben betroffenen elf Provinzen stolz als die 'größte Baustelle der Erde'.Doch die Staubbelastung in Antakya und an anderen Orten sei extrem hoch - und könne zur Ursache für Krebs werden, fürchten Ärztinnen und Ärzte. Kurzfristig sehe man bereits deutlich mehr Atemwegsinfektionen. Menschen, die ohnehin schon krank seien, würden durch die hohe Belastung in der Luft außerdem weiter geschwächt. Grund dafür sind Leute wie Dogus Genc. Der 29-Jährige will seiner Heimatstadt wieder Leben einhauchen und betreibt zwischen Gassen aus Ruinen eine kleine Tanzbar. Seine Gäste tauchen hier in eine andere Welt ein. Die Reaktionen auf die Wiedereröffnung der Rosinante waren euphorisch. Jeden Samstag ist der Laden zur 90er-Party prall gefüllt, die Musik dröhnt bis in die umliegenden Ruinen. 19 / 23 Einige Hundert Meter weiter hat auch Cahit Güzelyurt sein Meyhane - ein traditionelles türkisches Gasthaus mit Livemusik - wieder eröffnet. Er versuche auf die Füße zu kommen, berichtet er. Die Erdbebenkatastrophe hat sich aber auch in die Psyche vieler tief eingegraben. Selbstmordgedanken und -versuche seien in der Region deutlich häufiger, berichtet die Psychologin Elif Özbakan, die in einem Traumazentrum in Antakya arbeitet. Der Drogenmissbrauch in der Region habe deutlich zugenommen. Die verstummenden Hilferufe, der Verwesungsgeruch, das verfolge die Menschen. Ein verbreitetes Problem seien auch Beziehungsprobleme. Paare lebten in Container auf kleinsten Raum, häufig zusammen mit den Kindern. Für niemanden bleibe ein Rückzugsort. Eine Prognose, wann Antakya wieder steht, will kaum einer wagen. Doch für die meisten ist es keine Option, die Stadt zu verlassen - obwohl es sie eigentlich nicht mehr gibt
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