Am 14. August 1949 fanden in der Bundesrepublik Deutschland die ersten freien Wahlen seit 1932 statt. Der Text beschreibt die politische Landschaft dieser Zeit, die Herausforderungen und die Erwartungen der Bürger, sowie die erste Personen-Wahlschlacht zwischen Adenauer und Ollenhauer. Die Entwicklung der Parteien, insbesondere die Wende der SPD mit dem Godesberger Programm und die zunehmenden Personenfokussierte Wahlkämpfe werden ebenfalls beleuchtet.
Seit 1949 buhlen Parteien um unsere Gunst: als Marktschreier und Hausbesucher, mit Fahrrad oder „Guido-Mobil“, auf Kundgebungen oder Sozialen Medien. Erste freie Wahlen seit 1932: Am 14. August 1949 wählten die Deutschen nach Diktatur und Untergang wieder ein freies Parlament. Wählen galt noch als Bürgerpflicht. Die Beteiligung lag bei 78,5 Prozent, stieg später bis auf über 90. Die Bundesrepublik ist noch keine 3 Monate alt, als im August 1949 die (West-)Deutschen wählen gehen.
Alles ist noch ungewiss, viele Parteien neu oder mit neuen Namen (CDU/CSU, FDP). Die Bürger (jeder hat nur eine Stimme, die Zweitstimme wird erst 1953 eingeführt) wollen wieder ohne Zuteilungs-Marken einkaufen, sie suchen Wohnraum, bangen um Angehörige (Vertriebene, Kriegsgefangene). Frage aller Fragen: Wer bringt uns wieder Wohlstand, Anerkennung in der Welt? Adenauer und die FDP setzen auf West-Bindung (gegen die Sowjets) und die Soziale Marktwirtschaft. Die SPD träumt von Sozialismus und Planwirtschaft.Mit selbstgebastelten Plakaten wirbt eine Gruppe Fahrradfahrer auf dem Frankfurter Römerberg mit dem Slogan 'Wähl SPD' für die bevorstehende Bundestagswahl 1949. Am 14. August 1949 fanden in der Bundesrepublik die Wahlen zum ersten Deutschen Bundestag statt. Der Aufwand im Wahlkampf ist noch bescheiden – Plakate und Wagen mit Lautsprechern, die Parolen und Termine für Kundgebungen verkünden. Fernsehen gibt es 1949 noch nicht. Zur Koordinierung der Kampagnen werden teils Feldtelefone aus Wehrmachts-Beständen reaktiviert. Die CDU versichert auf Plakaten: „Wir können nicht zaubern, aber arbeiten.“ Die SPD prägt den Slogan: „Alle Millionäre wählen CDU-FDP, alle übrigen Millionen Deutsche die SPD“. Skurril: Die SPD wirbt für Frauenstimmen mit dem Slogan „An der Seite des Mannes ist der Platz der Frau“.Köpfe und Parolen: 16 Parteien treten an, darunter die Rechtsaußen-„Partei der guten Deutschen“ (PdgD) und die Vertriebenen-Partei „Notgemeinschaft Bayerisches Grenzland“. (NBayG). Die großen Parteien bieten sich die erste Personen-Wahlschlacht, plakatieren vor allem ihre Spitzenkandidaten. CDU/CSU: „Deutschland wählt Adenauer!“ – „Er knüpft die Fäden zur freien Welt“. Die SPD will: „Statt Adenauer Ollenhauer“ und lässt dessen verstorbenen Vorgänger antreten: „Kurt Schumacher mahnt: Wählt Sozialdemokraten.“ Die FDP setzt auf die Angst vor dem Kommunismus: „Wo Ollenhauer pflügt, sät Moskau.“ Bei der CDU heißt es: „Alle Wege des Marxismus führen nach Moskau“. Die Wähler bekommen jetzt eine Zweit-Stimme (entscheidend für Parteien-Proporz im Bundestag). Erstmals werben Trickfilme im Kino für die Kandidaten, mahnen „Seid schlauer, wählt Ollenhauer“ oder reimen für Adenauer: „Er will, dass auch der kleine Mann sich wieder etwas leisten kann.Die Wirtschaft brummt, die Rentner bekommen seit Januar 1957 im Schnitt 60 Prozent mehr Rente, (West-)Deutschland ist wieder wer (Weltmeister 1954, Nato-Betritt 1955). Kanzler Adenauer mahnt: „Keine Experimente!“, lobt den „Wohlstand für alle“. Einzig der Kalte Krieg und mögliche Atomwaffen in Deutschland ängstigen die Wähler. „Atomrüstung zeugt Massentod“, warnt die SPD. Es hilft ihr nichts: Adenauer erringt die absolute Mehrheit (50,2 Prozent), die SPD nur knapp 32.1961 Adenauer-Brandt Die SPD kann sich bei dieser Wahl neue Wählerschichten erschließen – dank ihres neuen Kandidaten Brandt und des neuen Parteiprogramms, das sie 1959 beschlossen hat. Mit dem „Godesberger Programm“ haben die Sozialdemokraten eine Wende vollzogen. Sie bekennen sich zu Marktwirtschaft und NATO-Mitgliedschaft und distanzieren sich vom Marxismus. Die Partei ist auf dem Weg zur Volkspartei.Zum ersten Mal nehmen sich die Kandidaten US-Wahlkämpfe zum Vorbild. CDU-Kanzler Adenauer und sein SPD-Rivale Willy Brandt (damals Regierender Bürgermeister von West-Berlin) touren im Zug durch Deutschland, halten Paraden und Kundgebungen ab, Brandt schüttelt Zehntausende Hände, wird in TV- und Kinospots als „Kennedy von der Spree“ gefeiert. Adenauer setzt aufs Bekannte: „Auch morgen keine Experimente“. Brandt will „eine neue Regierung“ und mahnt: „Wohlstand ist für alle da“, „Frohe Ferien. Jahresurlaub mindestens vier Wochen“. Die SPD hat sich mit ihrem „Godesberger Programm“ vom Sozialismus gelöst, feiert nun auch die Soziale Marktwirtschaft und will in der NATO bleiben.Im Tonfall wird es teils hässlich: Adenauer (damals 85) nennt Brandt „Herrn Frahm“ (Anspielung auf dessen uneheliche Herkunft, „Willy Brandt“ war sein Kampfname im Untergrundkampf gegen die Nazis). Brandt (damals 47) revanchiert sich mit dem Schlagwort „greiser Kanzler“. Folge: Vor dem nächsten Wahlkampf (1965) einigen sich die Parteien auf eine „Vereinbarung über die Führung eines fairen Wahlkampfes und über die Begrenzung der Wahlkampfkosten“. Beschlossen: Die Wahlkampfausgaben der Union dürfen nicht über 16,4 Millionen D-Mark liegen, die Kampagnen von SPD und FDP jeweils nicht über 15 Millionen D-Mark. Und: Plakatwerbung startet erst 30 Tage vor dem Wahlkamp
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