Ganzheitliche Betrachtungsweise bei älteren Patienten mit Multimorbidität

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Ganzheitliche Betrachtungsweise bei älteren Patienten mit Multimorbidität
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Dieser Artikel betont die Wichtigkeit einer ganzheitlichen Betrachtungsweise bei der Behandlung älterer Patienten mit Multimorbidität. Es wird kritisiert, dass sich der Fokus zu oft nur auf die einzelnen Erkrankungen konzentriert und die individuellen Bedürfnisse der Patienten vernachlässigt werden. Stattdessen werden die „geriatrischen 5 M“ als Orientierungshilfe vorgestellt: Multicomplexity, Mind, Mobility, Medications und What matters most. Die Bedeutung der Messung von Gebrechlichkeit (Frailty) und die Notwendigkeit, die Therapieziele mit den individuellen Möglichkeiten der Patienten abzustimmen, werden hervorgehoben.

Washington. Wenn Rheumatologinnen und Rheumatologen bei älteren kranken Menschen nur auf das Alter in Jahren und auf die oft lange Liste von Komorbiditäten schauen, kann es passieren, dass sie sie nicht adäquat behandeln oder die Compliance leidet. Alleine nach Leitlinien vorzugehen, ist problematisch. Diagnose- und Therapieentscheidungen sind vielmehr daran auszurichten, was individuell am wichtigsten und realistisch zumutbar ist. Dafür gibt es Orientierungshilfen.

Die wichtigsten Dimensionen, um Anamnese, Diagnostik und Behandlung zu fokussieren, und die sich auch in die Rheumatologie integrieren lassen (Lancet Rheumatol 2024; online 11. November), sind die „geriatrischen 5 M“: Laut dem Rheumatologen und Geriater Dr. Justin Levinson, University of Wisconsin, Madison, beschreibt „Multicomplexity“ die gesamte Person, typischerweise einen älteren Menschen mit verschiedenen chronischen Erkrankungen, fortgeschrittener Erkrankung und/oder komplexen biopsychosozialen Bedürfnissen. „Mind“ meint die geistige und psychische Verfasstheit, also etwa Denken, Demenz, Delir, Depression. Unter „Mobility“ fallen Funktion, Bewegung, Gleichgewichts- und Gangstörungen, Sturzprophylaxe. Zu „Medications“ gehören Medikamentenlast, Polypharmazie, Nebenwirkungen, Verordnungen zu optimieren und „Deprescribing“ – also das Wiederabsetzen nicht dringend notwendiger Medikamente. „What matters most“ ist der wichtigste Punkt bei der gemeinsamen Entscheidungsfindung: Es sind die individuell bedeutsamsten Gesundheitsziele und die Versorgungs-Präferenzen der Patienten und Patientinnen. Priorisieren statt Überlasten „Wie oft denken wir nicht an all die anderen Dinge, die komplex Erkrankte managen müssen“, erinnerte Professorin Cynthia Boyd, Johns Hopkins University School of Medicine, Baltimore, beim Kongress des American College of Rheumatology (ACR). Würde man ältere multimorbide Menschen für jede ihrer Krankheiten strikt nach Leitlinien behandeln, würde das ihren Alltag maßlos überfrachten. Boyd hat versucht, Stundenpläne dafür zu erstellen. „Ein solches Regime ist sehr schlecht auf einem einzigen Blatt Papier unterzubringen“, erkannte die Geriaterin. Gerade Menschen mit kognitiven Einschränkungen machten Ärztinnen und Ärzte es damit sehr schwer. Ganzheitlich individuell abzuwägen ist wichtig – zwischen dem, was das wichtigste Therapieziel ist, was am wenigsten wichtig ist, und wozu der oder die Einzelne in der Lage ist. „Manchmal denke ich, wir verlangen von den Leuten zu viel, was sie tun sollen, und priorisieren die Dinge nicht angemessen. Aber manchmal, denke ich, müssen wir darüber nachdenken, wie wir die Kapazitäten und Fähigkeiten unserer Patienten und Patientinnen verbessern, damit sie die nötigen Behandlungen auch bekommen.“ „Auf eine einzelne Erkrankung ausgerichtete Praxisleitlinien können Wechselwirkungen und Krankheitslast durch Multimorbidität exazerbieren lassen“, betonte Dr. Jiha Lee, University of Michigan. Hinzu komme, dass Leitlinienempfehlungen vornehmlich auf Daten von Menschen mittleren Alters beruhen; aus randomisiert-kontrollierten Studien sind ältere, multimorbide Menschen oft ausgeschlossen. „Das ist nicht die Realität, in der wir tätig sind.“ Gebrechlichkeit ist messbar Um die funktionelle physiologische Reserve und Vulnerabilität älterer Menschen über verschiedene Krankheiten hinweg einzuschätzen, riet Lee unter Verweis auf ein aktuelles Review (Lancet Rheumatol 2024; online 11. November), vor allem Gebrechlichkeit – Frailty – zu erheben. „Frailty ist modifizierbar, messbar und erfasst auch viel jenseits unserer rheumatologischen Erkrankungen“, sagte die Rheumatologin. Es gibt verschiedene Messwerkzeuge, etwa die Fried Frailty Measure. Sie berücksichtigt ungewollten Gewichtsverlust, Fatigue, geringe körperliche Aktivität, Muskelschwäche und langsame Gehgeschwindigkeit. Auch Lee hob die Bedeutung einer ganzheitlichen Betrachtungsweise hervor. „Nicht alle älteren Erwachsenen sind gleich.“ Fachärztinnen und Fachärzte sehen immer nur einen kleinen Ausschnitt ihrer alltäglichen Krankheitslast. „Wir sehen unsere Patienten und Patientinnen vielleicht zwei, drei Stunden im Jahr in unserer Praxis, aber sie leben jeden einzelnen Tag damit.

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